Das Potenzial der projektbasierten Studentenbeteiligung

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Eine Fallgeschichte

An einem Gymnasium in einer europäischen Stadt initiierten Schüler:innen der 9. Klasse im Rahmen des Geografieunterrichts ein Projekt. Sie waren unzufrieden mit dem Zustand der Schuleinrichtungen und wollten Verbesserungsvorschläge machen. Der Lehrer erklärte sich bereit, den Schüler:innenn die nötige Zeit zu geben. Diese arbeiteten allein oder in kleinen Gruppen. Sie beurteilten den Zustand der Schulgebäude und der Umgebung und hielten ihre Ergebnisse auf Plakaten mit ihren Analysen, Fotos und Architekturskizzen fest. Sie erarbeiteten Verbesserungsvorschläge und stellten diese mit Postern und dreidimensionalen Modellen dar, um ihren Standpunkt zu verdeutlichen.

Zu dieser Zeit plante die Stadtverwaltung eine umfassende Sanierung der Schule und des Schulgeländes. Bei einem Besuch in der Schule wurden Vertreter:innen des Stadtplanungsamtes auf die ausgestellten Plakate und Modelle der Gymnasiast:innen aufmerksam. Sie luden eine Gruppe von ihnen ein, dem Planungsbüro ihre Ideen vorzustellen. Die Planer:innen schätzten die Bemühungen der Jugendlichen, ein Schulumfeld zu schaffen, das den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen entspricht und die Stadt übernahm einige der Vorschläge der Gymnasiast:innen Der Schulleiter unterstützte diesen Ansatz, und die Lehrkräfte wurden in einer Sitzung informiert. Die Schüler:innen hatten ihre Abschlussprüfungen bereits hinter sich, als ihre Ideen Gestalt annahmen.

Das Schulgelände liegt direkt an einem kleinen Fluss, aber das Ufer bot aufgrund von Sträuchern und Büschen, die seit vielen Jahren wild wuchsen, einen unschönen Anblick. Eine Gruppe von Schüler:innenn schlug vor, das Flussufer zu roden und einen Erholungsbereich mit Sitzgelegenheiten und freiem Blick auf den Fluss einzurichten (siehe Bild des Modells oben). Das Stadtplanungsamt griff diese Idee auf. Das Foto rechts zeigt das Ergebnis einige Jahre später – die Fläche wurde gerodet, und auf groben Steinsitzen können kleine Gruppen von Gymnasiast:innen Platz nehmen.

Analyse

Die Schüler:innen initiierten das Projekt, sie wählten das Thema, weil es eng mit ihren Interessen verbunden war, und sie wollten unbedingt Verbesserungen an ihrer Schule erreichen. Sie stellten sich selbst Aufgaben, die komplexer und zeitaufwändiger waren als das, was eine Lehrperson normalerweise verlangen würde, aber bei von Schüler:innen geplanten Projekten sehen wir oft ein viel höheres Maß an Engagement. Ihr Projekt konzentrierte sich auf reale Probleme im Schulleben und ihre Arbeit resultierte in umsetzbaren Projekten, die der Öffentlichkeit präsentiert werden konnten.

Die Gymnasiast:innen führten ihr Projekt im Rahmen des Erdkundeunterrichts durch, was eine Änderung der Unterrichtsplanung erforderte. Der Lehrer akzeptierte seine Rolle. Er ging auf die Interessen der Jugendlichen ein, gab ihnen die Zeit, die sie brauchten und zeigte sich bei der Unterrichtsplanung flexibel. Auf diese Weise stellte er den Schüler:innenn die benötigten Zeitressourcen zur Verfügung. Sowohl der Lehrer als auch der Schulleiter erlaubten den Schüler:innen, ihr Projekt voranzutreiben und boten ihnen Unterstützung, Anleitung, Ermutigung und Feedback.

Das Projekt hing von der Bereitschaft ihres Lehrers und des Schulleiters ab, es zuzulassen. Dies rückt ein Element der Kontingenz bzw. des Zufalls in den Mittelpunkt. Stellen Sie sich vor, eine Lehrperson oder eine Schulleitung mit einer anderen Einstellung hätte die Projektinitiative abgelehnt. Die positive Reaktion des Stadtplanungsamtes ist ein zweites Beispiel für einen glücklichen Zufall. Um es einfach auszudrücken: Es war reines Glück, dass die Schüler:innen die Aufmerksamkeit der Stadtplaner:innen auf sich zogen, die das Fachwissen der jungen Leute anerkannten. Zudem war das Timing richtig. Ein Jahr früher oder später hätte das Projekt nicht die gleiche Wirkung erzielen können. Unter den gegebenen Umständen konnten die Schüler:innen jedoch die Entwicklung ihrer Schulumgebung viel stärker beeinflussen als im formalisierten Rahmen der Schülerbeteiligung (siehe Vorbereitungshandout 3.1, Diagramm in Aktion Handout 3.1.b).

Wir können davon ausgehen, dass das Projekt und die positive Erfahrung der Teilnahme den Schüler:innenn die Möglichkeit gab, ein Bündel von Kompetenzen für demokratische Kultur (CDC) zu erwerben:

  • Einstellung: Bürgersinn, insbesondere Aufmerksamkeit für die Bedürfnisse der Gemeinschaft (CDC S. 41)
  • Selbstwirksamkeit: Gefühl der Zuversicht bei der Bewältigung neuer Herausforderungen (CDC S. 42)
  • Autonome Lernfähigkeiten (CDC S.44)
  • Fähigkeiten zum analytischen und kritischen Denken (CDC S.44)
  • Fähigkeit zu kommunizieren und zu verhandeln (CDC S. 48)

Schlussfolgerungen

Initiativen von Schüler:innen sind kontingent – spontan und unvorhersehbar. Lehrkräfte und Schulleitung sollten bereitsein, angemessen zu reagieren, damit sich ihre Dynamik entfalten kann.

Die Lehrkräfte sollten die Möglichkeit zur Reflexion und Bewertung bieten, da diese für nachhaltiges Lernen im Rahmen projektbasierter und aktiver Beteiligung unerlässlich sind. Andernfalls könnten die positiven Emotionen und Erinnerungen verblassen und nur geringe Auswirkungen auf die Kompetenzen für die demokratische Kultur haben.

Schulleitung und Lehrpersonen sollten sich darüber im Klaren sein, in welchem Maße die Teilnahme der Schüler:innen von ihrer Unterstützung abhängt. Bei unseren täglichen Entscheidungen sind wir alle Akteur:innen der Kontingenz.