Bewerten ist viel mehr als Prüfen und Kontrollieren

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Bewertung scheint wie das Ende eines Rennens oder wie der Herzschlag eines lebendigen Körpers. Ihr Einsatz kann Ihre Rolle als Schulleiter:in zu einem Albtraum machen oder Ihnen ein praktisches Instrument an die Hand geben. Wie fast alles in der Schule ist sie ein Thema, das schon lange vor den Abschlussprüfungen ernst genommen werden muss.

Testen ist nicht bewerten

Die Lehrkraft betritt die Klasse und stellt ein Thema vor, unterstreicht die wichtigen Teile und Faktoren, erklärt, was sie für erklärungsbedürftig hält, und gibt ein oder zwei Beispiele.

Die Schüler:innen hören zu und folgen dem Tempo der Lehrperson. Sie gehen nach Hause, finden das Thema im Lehrbuch, lesen darüber, unterstreichten die wichtigen Teile, merken sich die Erklärung und lösen eine oder zwei Aufgaben. In der nächsten Stunde bittet die Lehrperson die Schüler:innen, einen Teil des vorgegebenen Themas zu wiederholen. Am Ende formuliert sie Fragen zu Elementen der gesamten Sequenz und erwartet, dass diese schriftlich beantwortet werden. Jemand gibt mir etwas, ich bearbeite es, ich gebe es zurück. Die Lehrperson prüft es auf Richtigkeit und zieht die entsprechenden Punkte ab, je nachdem, welche Teile fehlen.

Dabei handelt es sich um eine summative Bewertung, die sich auf die Lernleistungen konzentriert, die wir alle von Prüfungen und Benotungen kennen. Diese Art der Bewertung wird in unseren Schulsystemen verlangt, um Abschlüsse zu vergeben. Sie ist auch ein Mittel der Kontrolle, aber nicht der Bewertung, denn sie misst eigentlich die Wirksamkeit des Unterrichts als Mittel zur Umwandlung und Vermittlung von Informationen.

Prüfung und Kontrolle haben gravierende Schwächen. Die Beurteilungskriterien sind oft entweder zu vage, so dass sie keine gerechten Ergebnisse liefern können, oder zu streng, so dass sie der Vielfalt der Stärken und Schwächen der Lernenden nicht gerecht werden. Wenn wir außerdem die Subjektivität der Person berücksichtigen, die die Leistungen der Schüler:innen beurteilt, kann ein und dieselbe Leistung völlig unterschiedlich bewertet werden, so dass ihr Feedback für den Lernenden nahezu nutzlos ist.

Formative und prognostische Bewertung.

Nicht nur in der EDC/HRE, sondern in einem guten Unterricht im Allgemeinen werden bei der Beurteilung auch die einzelnen Lernenden und ihre Lernprozesse (formative Beurteilung) sowie die zu erwartenden Ergebnisse (prognostische Beurteilung) berücksichtigt. Diese Formen der Beurteilung spiegeln die Persönlichkeiten der Lernenden und ihre spezifischen Stärken und Lernbedürfnisse wider.
Die Beurteilungskriterien dienen eher dazu, die Fehler der einzelnen Lernenden zu analysieren, als sie zu korrigieren. Die Lehrpersonen diskutieren mit den Schüler:innen, wie sie ihre Schwierigkeiten überwinden können, und diese übernehmen die überVerantwortung für ihre Lernfortschritte. Auf diese Weise verbinden formative und prognostische Bewertung Lehren und Lernen mit demokratischen Werten und befähigen und ermutigen die Lernenden, an der Demokratie teilzunehmen und in ihren weiterführenden Studien erfolgreich zu sein.

Eine ausführlichere Darstellung der summativen, formativen und prognostischen Bewertung finden Sie unter http://living-democracy.com/de/textbooks/volume-1/part-2/unit-5/chapter-2/lesson-3/.

Austausch von Bewertungskriterien mit den Schüler:innen

Die Bewertung sollte daher Teil des demokratischen Ethos einer Schule sein. Daraus folgt, dass bei einer summativen Bewertung die Kriterien fair und klar sein müssen, und sie müssen für die Lernenden transparent sein. Dies dient nicht nur der Erziehung zu demokratischer Staatsbürgerschaft und Menschenrechten, sondern ist auch eine Voraussetzung für guten Unterricht – in allen Fächern. Darüber hinaus müssen Sie und Ihre Lehrkräfte den Umfang der Bewertung besprechen und sich darüber einigen. Konzentriert sie sich beispielsweise nur auf Wissen und Fähigkeiten oder bezieht sie auch Einstellungen und Werte mit ein?

Selbsteinschätzung der Lehrkräfte

Die Lehrkräfte können sich nicht von ihren individuellen Perspektiven und deren Auswirkungen auf die Beurteilung ihrer Schüler:innen lösen. Daher müssen sie sich bewusst sein, dass Unterschiede in der Bewertung von einer Lehrkraft zur anderen für die einzelnen Lernenden ungerecht sein können. Die Lehrkräfte sollten ihre Beurteilungsverfahren ständig reflektieren, was durch gegenseitige Beobachtung und gegenseitiges Feedback erreicht werden kann. Eine andere Methode ist das Anhören der Rückmeldungen der Schüler:innen. Ein dritter Ansatz ist die Selbstbeurteilung. Der erste Band der EDC/HRE-Handbücher für Lehrpersonen, Educating for democracy, enthält ein komplettes Kapitel über die Bewertung von Schüler:innen, Lehrkräften und Schulen, sowie eine Checkliste für die Selbstbewertung von Lehrpersonen