Sequenz 2: Das Fischerspiel (2): Problemlösungsversuche

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Die folgende Übersicht unterstützt die Lehrperson bei der Planung und Durchführung der Sequenz.
Kompetenztraining benennt die Kompetenzen, welche die Lernenden in dieser Sequenz trainieren (Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenzen).
Das Erkenntnisziel beschreibt die inhaltlich-kognitive Dimension des Lernertrags.
Aufgaben und Methoden dienen der Gestaltung des Lernprozesses.
Medien und Hilfsmittel bieten eine Checkliste für die technisch-organisatorische Vorbereitung.
Die Richtwerte zum Zeitbudget unterstützen das Zeitmanagement.
Kompetenztraining Einen Kompromiss zur Konflikt- und Problemlösung aushandeln.
Erkenntnisziele

Wechselseitige Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer erkennen (Interdependenz).

Interessenkonflikte lassen sich durch Win-win- oder Win-lose-Lösungen überwinden. Im zweiten Falle ist oft ein neuer Konflikt vorgezeichnet.

Vereinbarungen unter gleichen Partnern (Regime) erfordern gegenseitiges Vertrauen. Einzelne Partner können Vereinbarungen brechen, wenn es ihrem (kurzfristigen) Vorteil dient (Kooperationsdilemma).

Aufgabe Die Lernenden analysieren ein komplexes Problem. Sie setzen sich mit Entscheidungsalternativen und ihrer Interdependenz auseinander. Falls sie sich dazu entschließen, verhandeln sie, um zu einer für alle akzeptablen Lösung zu gelangen, die zugleich nachhaltig und fair ist.
Ressourcen / Material Siehe Sequenz 1.
Methode Handlungsorientierung, Planspiel
Zeitbudget 1. Fischerspiel (4. Runde). (7 Min)
2. Verhandlungen. (max 15 Min)
3. Fischerspiel (5.–7 Runde), ggf. unterbrochen durch weitere Verhandlungen. (20 Min)

 

Information

In dieser Sequenz stehen die Verhandlungen zur Problemlösung im Mittelpunkt. Es kommt nicht so sehr darauf an, wie viele Spielrunden die Lernenden in dieser Sequenz absolvieren; wichtig ist, dass sie ihre Entscheidungen umsetzen und deren Wirkung als Beitrag zur Problemlösung prüfen. Zugleich sollen sie sich Gedanken über die Realisierungs- und Implementierungschancen ihrer Vorschläge machen, die ja stark von der Kooperationsbereitschaft und dem Verantwortungsbewusstsein aller Mitspielenden abhängen.

Die erste Verhandlungsrunde findet statt, wenn die Lernenden dies wünschen oder die Lehrperson es anregt (vgl. die Hinweise hierzu in der Beschreibung der 1. Sequenz). Das Zeitbudget beschreibt einen möglichen, den die Spielleiterin bzw. der Spielleiter modifizieren kann. So kann z.B. eine zweite Verhandlungsrunde sinnvoll sein, um die Wirkung der getroffenen Vereinbarungen zu überprüfen und evtl. neue Entscheidungen zu treffen. Für den Lernertrag des Spiels zum Verständnis nachhaltigen Wirtschaftens in der internationalen Politik bzw. in globalisierten Märkten sind die Erfahrungen, die die Lernenden in den Verhandlungsrunden sammeln, von besonderer Bedeutung.

Verlauf der Sequenz

1. Die Lernenden spielen eine weitere Runde

Die Lehrperson stellt das (vermutlich niederschmetternde) Ergebnis nach der vorangegangenen 3. Spielrunde vor. Falls die Lernenden nun die Initiative ergreifen und eine Verhandlung anregen, lässt die Lehrperson sie gewähren (vgl. die Hinweise oben). Falls sie das Ergebnis hinnehmen, spielen sie eine Runde weiter. Danach sollte die Lehrperson sie, falls notwendig, zu Verhandlungen ermuntern.

Es ist wichtig, dass die Lernenden so früh mit ihren Verhandlungen beginnen, dass sie sich mit den Ergebnissen auseinandersetzen können.

2. Verhandlungen

Das Fischerspiel simuliert die politische Realität. Die Lernenden haben es mit einem ernsten Problem – der Überfischung – zu tun und sie verfügen über kein vorgegebenes Institutionensystem, das ihren Verhandlungen einen Rahmen und eine Struktur bieten könnte (polity-Dimension des Politischen). Sie müssten gewissermaßen das Rad neu erfinden und sich auf Regeln der Verhandlungsführung und Kommunikation einigen, ebenso wie auf Entscheidungsbefugnisse, Kontroll- und Sanktionsmechanismen.

Gewiss liegt darin eine Überforderung, doch die Kreativität und das Engagement, das Schülerinnen und Schüler entwickeln können, sind mitunter beeindruckend. Die Lehrperson sollte daher der Versuchung widerstehen, das Ergebnis der Schüleranstrengungen durch Intervention und Belehrung zu optimieren (vgl. die Hinweise bei der ersten Sequenz).

Die Verhandlungen bergen wichtige Lernchancen:

  • Die Lernenden erfahren ihre wechselseitige Abhängigkeit von den Entscheidungen anderer Akteure (Interdependenz).
  • Sie stellen fest, dass sie in einen Interessenkonflikt verwickelt sind, zugleich aber gemeinsam am Erhalt ihrer einzigen natürlichen Ressource interessiert sind.
  • Eine Lösung ihres Konflikts bzw. des Problems der Überfischung ist nur auf dem Wege eines Kompromisses möglich, der für alle Beteiligten als „Win-win“-Entscheidung akzeptabel ist, der also keine „armen“ und „reichen“ Fischerdörfer schafft und der zugleich die Repro-duktion der Fischbestände sichert.
  • Eine „Win-lose“-Entscheidung auf Kosten einzelner Akteure ist natürlich denkbar, legt jedoch zugleich die Grundlage für einen neuen Konflikt.
  • Vereinbarungen unter gleichen Partnern (Regime) erfordern gegenseitiges Vertrauen. Einzelne Partner können Vereinbarungen brechen, wenn es ihrem (kurzfristigen) Vorteil dient (Kooperationsdilemma)21.

3. Die Lernenden spielen 2 – 3 Abschlussrunden

In der Schlussphase spielen die Lernenden 2 – 3 weitere Runden. Je nach Spielverlauf entscheiden die Spielgruppen und die Spielleitung, ob weitere Konferenzen notwendig sind, um die Ergebnisse der Problemlösung zu bewerten bzw. zu verbessern. In dieser Phase haben die Lernenden bereits viel erreicht, wenn es ihnen gelingt, gemeinsam den Abwärtstrend der Fischpopulation zu stoppen oder sogar umzukehren.

Oft erreichen die Spielgruppen eine Trendwende nur um den Preis unrealistisch niedriger Fangquoten über mehrere Fangsaisons. In der Realität würde eine solche Fangpolitik Armut und Hungersnot bedeuten, wäre also kaum realisierbar. Falls die Lehrperson den Eindruck hat, dass die Lernenden es sich bei der Problemlösung zu einfach machen, kann sie einen Impuls geben, um den Spielgruppen ihr Dilemma zu verdeutlichen.

Die Lehrperson beendet das Spiel am Ende der zweiten Sequenz – ohne vorherige Ansage, wann die letzte Runde stattfindet. Eine derartige Information könnte den Spielprozess verändern; die Spielgruppen könnten z.B. das Interesse verlieren, sich mit den Zielkonflikten nachhaltiger Bewirtschaftung des Fischbestands auseinanderzusetzen und würden stattdessen vielleicht noch einmal „zulangen“, indem sie die Höchstmenge fischen.

21. Siehe dazu Krell (2009), S. 240 f. Krell beschreibt das Kooperationsdilemma anschaulich anhand des Gleichnisses von der Hirschjagd bei Rousseau.