Sequenz 2: Wie können wir die Interessen der Mehrheit und der Minderheit in Einklang bringen?
Living Democracy » Textbooks » An der Demokratie teilhaben » Teil 2 – Teilhabe an politischen Entscheidungsprozessen: Lösung von Problemen und Konflikten » EINHEIT 7: Gleichberechtigung » Sequenz 2: Wie können wir die Interessen der Mehrheit und der Minderheit in Einklang bringen?Die Lernenden suchen nach Lösungen
Die folgende Übersicht unterstützt die Lehrperson bei der Planung und Durchführung der Sequenz. Kompetenztraining benennt die Kompetenzen, welche die Lernenden in dieser Sequenz trainieren (Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenzen). Das Erkenntnisziel beschreibt die inhaltlichkognitive Dimension des Lernertrags. Aufgaben und Methoden dienen der Gestaltung des Lernprozesses. Medien und Hilfsmittel bieten eine Checkliste für die technisch-organisatorische Vorbereitung. Die Richtwerte zum Zeitbudget unterstützen das Zeitmanagement. |
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Kompetenztraining | Problemlösung, Teamarbeit, Zeitmanagement. |
Erkenntnisziel | Institutionen dienen zur Lösung von Problemen und Konflikten in der Gesellschaft. Regeln, Gesetze und Verfassungen sind Instrumente zur Lösung politischer Probleme und zur Überwindung von Konfliktpotenzialen in der Gesellschaft. Darin besteht die Legitimation (Rechtfertigung) von Macht und Herrschaft in der Demokratie. |
Aufgabe | Die Lernenden suchen nach Lösungen, um das Mehrheits-/Minderheiten-Problem in einer kleinen Gemeinschaft zu lösen. |
Medien und Hilfsmittel | Flipchartbögen und Marker. Handout 7.1, 7.3; 7.2 (Option zur Binnendifferenzierung). |
Methode |
Flipchartbögen und Marker. Handout 7.1, 7.3; 7.2 (Option zur Binnendifferenzierung). |
Zeitbudget | 1. Projektarbeit in Gruppen. (45 Min) |
Information für Lehrpersonen
Offene Aufgaben – eine Herausforderung für die Lehrperson
Projekte sind produktorientiert: in diesem Falle erarbeiten die Gruppen Lösungsvorschläge für ein Problem der Konstruktion von Entscheidungsverfahren (institutional design).
Die offene, problemorientierte Aufgabenstellung eröffnet den Lernenden Freiräume und Möglichkeiten, um sich im Sinne des konstruktivistischen Lernbegriffs Einsichten und Wertvorstellungen zu erarbeiten. Der Reiz solcher Aufgabenstellungen liegt nicht zuletzt darin, dass die Lernenden mit kreativen Ideen auch ihre Lehrerinnen und Lehrer herausfordern können. Diese müssen auf die Ideen, mit denen sie konfrontiert werden, reagieren können – mit Lob, konstruktiver Kritik, in der Moderatorenrolle usw. Das verlangt Bereitschaft zur Improvisation.
Die Lehrperson kann sich auf diese Aufgabe vorbereiten, indem sie eine Übersicht möglicher Lösungen entwirft, die zur Einordnung und Interpretation der Schülerlösungen dienen kann. Auch jene Ideen, die über diesen Erwartungshorizont hinausgehen, lassen sich leichter erfassen und einordnen.
Welche Lösungsvorschläge sind von den Lernenden zu erwarten?
- Die Lösungsideen dürften vor allem an institutionellen Veränderungen, also an der polity-Dimension, ansetzen. Hinzu kommen Veränderungen in den Einstellungen der Mitglieder zueinander und zum institutionellen Regelwerk. Vgl. dazu Massings Unterscheidung zwischen Institutionen im engeren und weiteren Sinne (Massing 2005:316).
- Beibehaltung und Verschärfung der Mehrheitsregel: Es ist eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, z.B. eine 2/3-Mehrheit zur Verabschiedung des Jahresetats oder eine 3/4-Mehrheit für Satzungsänderungen. Die Minderheitengruppe verfügt in der Mitgliederversammlung über eine Sperrminorität.
- Einschränkung der Befugnisse der Mehrheit: Über die eine Hälfte der Mitgliederbeiträge kann die Mitgliederversammlung verfügen. Die andere Hälfte wird im Verhältnis der Mitgliederanteile den Untergruppen zur freien Verfügung verteilt.
- Im Vorstand sind beide Gruppen, Fußballer und Schachspieler, vertreten. Die Traktanden für die Mitgliederversammlung berücksichtigen die Interessen beider Gruppen.
- Die unterlegene Minderheit kann ein Schiedsgericht anrufen, das Entscheidungen der Mitgliederversammlung überprüfen und Vorschläge zur gütlichen Einigung machen kann.
- Einstellungen der Mitglieder: Die Mehrheit geht mit ihrer Macht maßvoll um. Sie bezieht die Interessen der Minderheit in ihre Entscheidungen ein. Die Minderheit ist bereit, sich dem Willen der Mehrheit zu fügen. Beide Seiten suchen Kampfabstimmungen zu vermeiden, indem sie vor den Abstimmungen nach Kompromissen suchen.
Die Lösungsansätze gehen nach dieser Analyse von zwei Grundgedanken aus: einer Ausdifferenzierung der Institutionen (polity-Dimension) sowie einer Stärkung der Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten (policy-Dimension).
Option zur Binnendifferenzierung mit Hilfe von Handout 7.2
Falls die Lehrperson die Aufgabe des „institutional design“ für einen Teil der Klasse oder auch alle Lernenden als zu schwierig einschätzt, kann sie Handout 7.2 als Hilfsmittel anbieten. Dieses Handout fasst die Lösungsansätze zusammen und stellt zugleich den Bezug zu den Normen des Grundgesetzes und der Menschenrechte her. Die Hilfe lässt sich dosieren, indem die Lehrperson Handout 7.2 auf einige Aspekte verkürzt.
Verlauf der Sequenz
Die Lernenden arbeiten in ihren Gruppen weiter.
Die Lehrperson kann diese Arbeitsphasen nutzen, um Informationen zur Kompe¬tenzdiagnose zu gewinnen. Sie kann die Lernenden beobachten, um herauszufinden, welche methodischen Fertigkeiten sie beherrschen bzw. bei welchen sie Training und Hilfe brauchen. In der Abschlusssequenz kann die Lehrperson um ein Feedback der Lernenden zu ihrer Kooperation im Team bitten bzw. selbst ein Feedback geben.
Probleme bergen wichtige Lernchancen zur Kompetenzentwicklung. Daher sollte die Lehrperson die Gruppen selbstständig arbeiten lassen und auch nicht eingreifen, wenn die Lernenden auf Schwierigkeiten stoßen oder Fehler machen. Anders ist eigenverantwortliche Kooperation nicht erlernbar.