Sequenz 4: Weshalb sind wir für unsere Beiträge im Netz verantwortlich?
Living Democracy » Textbooks » An der Demokratie teilhaben » Teil 3 – Teilhabe an öffentlichen Auseinandersetzungen » EINHEIT 9: Medien und Öffentlichkeit » Sequenz 4: Weshalb sind wir für unsere Beiträge im Netz verantwortlich?Reflexion
Die folgende Übersicht unterstützt die Lehrperson bei der Planung und Durchführung der Sequenz. Kompetenztraining benennt die Kompetenzen, welche die Lernenden in dieser Sequenz trainieren (Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenzen). Das Erkenntnisziel beschreibt die inhaltlichkognitive Dimension des Lernertrags. Aufgaben und Methoden dienen der Gestaltung des Lernprozesses. Medien und Hilfsmittel bieten eine Checkliste für die technisch-organisatorische Vorbereitung. Die Richtwerte zum Zeitbudget unterstützen das Zeitmanagement. |
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Kompetenztraining | Die Lernenden können ihren Arbeits- und Lernprozess reflektieren und eigenverantwortlich weiterentwickeln. |
Erkenntnisziel | Das Netz bietet neue und erweiterte Teilhabechancen, setzt jedoch kritische Mediennutzung und Verantwortungsbereitschaft voraus. |
Aufgabe |
Die Lernenden geben ihr Feedback zum Projekt. Die Lernenden reflektieren ihre Praxiserfahrungen. Die Lernenden analysieren die Notwendigkeit strenger Qualitätskriterien für alle Beiträge im Netz. Die Lernenden führen ein Planungsgespräch (fakultativ). |
Ressourcen / Material | Handout 9.1 – 9.3. |
Methoden |
Blitzlichtrunde Klassengespräc Lehrerinputs |
Zeitbudget | 1. Reflexionsgespräch. (30 Min) |
2. Planungsgespräch (fakultativ) (30 Min) |
Information
Ein Online-Projekt ist eine ausgeprägt handlungsorientierte Lernform. Die Schülerinnen und Schüler benötigen eine Reflexionsphase, um den Lernertrag zu sichern. Sie entwickeln dabei ihre Kompetenz, ihre Arbeits- und Lernprozesse eigenverantwortlich zu gestalten. In diesem Falle dient die Reflexion des Kurzprojekts auch dazu, eine Entscheidung anzubahnen, ob die Lernenden das Projekt in eigener Verantwortung weiterführen wollen. Der im Folgenden vorgeschlagene Verlauf geht aus von den individuellen Lernerfahrungen der Schülerinnen und Schüler. In einem zweiten Schritt werden die Implikationen der Autorenrolle in der digitalen Kommunikation thematisiert. Falls die Lernenden Interesse haben, das Projekt weiterzuführen, schließt sich ein Planungsgespräch an.
In dieser Sequenz sitzen die Lernenden im Hufeisen an ihren Tischen oder im Stuhlkreis.
1. Reflexion
Die Lehrperson moderiert das Reflexionsgespräch. Sie sollte versuchen, mit wenigen Impulsen alle Lernenden in das Gespräch einzubeziehen. Falls die Lernenden mit Reflexionsgesprächen wenig Erfahrung haben, klärt sie zu Beginn die Gesprächsregeln, insb. dass keine Gesprächsbeiträge kommentiert oder bewertet werden. Die Beiträge der Lernenden zu den Reflexionsfragen können im freien Klassengespräch weiter vertieft werden.
„Was habe ich in diesem Projekt gelernt?“
Die Lehrperson eröffnet das Reflexionsgespräch mit einer Impulsfrage, zu der alle Lernenden etwas sagen können: „Was habe ich in diesem Projekt gelernt?“ Alle Lernenden geben eine knappe Antwort in wenigen Sätzen. Dieses sog. Blitzlichtverfahren sollte sparsam eingesetzt werden. Zu Beginn des Reflexionsgesprächs bezieht es die ganze Klasse ein und gibt Aufschluss, wie die Klasse den Lernertrag bewertet.
Wie beurteile ich die Handouts zur Beurteilung und zur Produktion von Netzbeiträgen?
Mit zwei Meinungsbildern per Handzeichen zu den Handouts ist es möglich, alle Lernenden einzubeziehen, z.B. mit der Vergabe von Punkten auf einer Skala von 1 bis 5 Punkten („keine Hilfe“ – „große Hilfe“). Im Klassengespräch begründen einige Lernende ihr Urteil. Dabei geht es um folgende Fragen:
- Erfüllen die Handouts (nicht) ihren Zweck?
- Oder halten die Lernenden derartige Hilfsmittel für notwendig – oder für überflüssig?
Die Checklisten genau zu befolgen kostet Zeit. Haltet Ihr es für notwendig, sich diese Mühe zu machen?
Mit einem derart formulierten Impuls regt die Lehrperson an, im Reflexionsgespräch die Perspektive zu wechseln und die kommunikativ vernetzte Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Ein derartiger Impuls kann auch von einer Schülerin oder einem Schüler kommen; die Lehrperson sollte ihn aufgreifen und die Klasse damit konfrontieren. Im Klassengespräch können die Lernenden sich die Chancen und Probleme bewusst machen, die mit der digitalen Kommunikation einhergehen und ihre Verantwortung klären, wenn sie ihre Rechte der Informations- und Meinungsfreiheit wahrnehmen. Im Folgenden wird skizziert, welche Einsichten das Reflexionsgespräch eröffnen kann. Die Lehrperson beobachtet und entscheidet, welche Zugänge sich durch die Beiträge der Lernenden eröffnen und welche „Inputs“ der Lehrperson (Denkanstöße, Fachbegriffe und Basiskonzepte, Kurzvorträge) die Lernenden aufnehmen und nachvollziehen können (Konstruktion und Instruktion). Inwieweit die folgenden Punkte thematisiert werden, hängt davon ab, was die Lernenden mit ihrer Erfahrung im Netz – im Kurzprojekt sowie ihrer Alltagspraxis – abdecken können.
- Das Netz bietet uns noch nie dagewesene Chancen, sich grenzüberschreitend und weltweit Informationen zu beschaffen oder Andere zu informieren. – Andererseits können Informationen und Nachrichten fehlerhaft sein. Gravierender noch sind sog. Fake News, also Nachrichten, mit denen Nutzerinnen und Nutzer getäuscht werden sollen.
- Das Netz bieten uns neue und erweiterte Möglichkeiten, an öffentlichen Diskussionen aller Art teilzunehmen und uns auch an der politischen Willensbildung zu beteiligen. Über das Netz sind politische Akteure direkt ansprechbar. Auf diese Weise können wir demokratische Entscheidungsprozesse beeinflussen. – Andererseits hat das Netz auch hier seine Schattenseiten: einzelne Nutzer, Hetzer (sog. Trolle), extremistische Gruppen, Parteien, Politiker und Politikerinnen, ja sogar Geheimdienste verbreiten Hass, geplante Falschinformationen (Fake News) oder Verschwörungserzählungen im Netz.
- Das Netz bietet eine Fülle von Nutzer- und Diskussionsforen zu Themen aller Art. Noch nie war es so leicht, „Communities“ zu bilden und sich mit Anderen auszutauschen. – Andererseits haben sich sog. Blasen gebildet, in denen politisch Gleichgesinnte unter sich bleiben und sich von Informationen und Meinungen abschirmen, die ihrer Ideologie widersprechen. Das Netz kann auf diese Weise Spaltungstendenzen in der Gesellschaft verstärken und gewaltbereiten Extremisten ermöglichen, ihre Propaganda zu verbreiten und sich zu koordinieren.
- Das Netz bietet uns allen erstmals die Chance, uns nicht nur umfassend zu informieren, sondern auch unsere Meinung öffentlich zu kommunizieren. In dieser Form konnten noch nie so viele Menschen ihr Recht auf Informations- und Meinungsfreiheit wahrnehmen. Das Netz bietet daher neue Chancen für demokratische Gesellschaften, die von der Teilhabe ihrer Mitglieder und dem kultivierten Streit leben. Bürgerinnen und Bürger agieren als Laienjournalisten, indem sie Videos ins Netz stellen. Auf diese Weise können sie z.B. die klassischen Medien als „vierte Gewalt“ ergänzen und unterstützen. – Andererseits birgt die unbeschränkte Freiheit auch die Gefahren: Ein Teil der Nutzerinnen und Nutzer ist an demokratischer Streitkultur nicht interessiert, erniedrigt und bedroht anders Denkende. Die Verbreitung von Lügen, Rassismus und antisemitischer Hetze erschwert und gefährdet öffentliche Diskurse. Die global vernetzten Kommunikationsplattformen, die von Allen genutzt werden, lassen sich nur schwer regulieren, und staatliche Kontrolle birgt die Gefahr der Medien- bzw. Internetzensur.
- Neue Freiheitsrechte gehen mit einer erweiterten Verantwortung einher. Im Falle der globalen digitalen Kommunikation bedeutet das: die Nutzerinnen und Nutzer des Netzes müssen verantwortungsvoll – kritisch und selbstkritisch – alle Informationen und Beiträge prüfen, die sie empfangen oder versenden wollen. Hinzu kommt: „Das Internet vergisst nichts.“ Im ei-genen Interesse sollten wir sorgfältig prüfen, was wir ins Netz stellen und dann nicht mehr zurückholen können.
2. Planungsgespräch (fakultativ)
Falls die Lernenden es wünschen, schließt sich ein Planungsgespräch an. Die Lernenden klären, ob sie ihre Beiträge, die sie in diesem Projekt entworfen haben, im Netz veröffentlichen wollen.
Die Gruppen könnten alle ihre Beiträge online stellen oder einen auswählen. Die Klasse kann auch darüber nachdenken, das Projekt in eigener Verantwortung fortzusetzen. Die Lernenden könnten z.B. für eine gewisse Zeit an einer online-Debatte teilnehmen, oder eine eigene Website einrichten. Sie könnten bestimmte politische Akteure unterstützen oder sich ihnen entgegenstellen. Jeder Schüler und jede Schülerin sind dabei frei zu entscheiden, ob und in welcher Weise er oder sie sich an einem solchen Projekt beteiligt.