Sequenz 3: Wie stelle ich mir meine Zukunft vor?

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Drei Weichenstellungen, die das Leben prägen

 

Die folgende Übersicht unterstützt die Lehrperson bei der Planung und Durchführung der Sequenz.
Kompetenztraining benennt die Kompetenzen, welche die Lernenden in dieser Sequenz trainieren (Analyse-, Urteils-, Handlungs- und Methodenkompetenzen).
Das Erkenntnisziel beschreibt die inhaltlichkognitive Dimension des Lernertrags.
Aufgaben und Methoden dienen der Gestaltung des Lernprozesses.
Medien und Hilfsmittel bieten eine Checkliste für die technisch-organisatorische Vorbereitung.
Die Richtwerte zum Zeitbudget unterstützen das Zeitmanagement.
Kompetenztraining Die Lernenden können sich entscheiden und Prioritäten setzen.
Erkenntnisziel Die Menschenrechte sichern unsere Entscheidungsfreiheit in der Gestaltung unserer Zukunft – es liegt an jedem von uns, diese Freiheiten sinnvoll zu nutzen.
Aufgabe Die Lernenden reflektieren die Entscheidungen, die für ihre Zukunft bedeutsam sind.
Medien und Hilfsmittel Handout 1.2
Flipchartbögen und Marker, alternativ Tablet oder Dokumentenkamera mit Beamer
Method Einzelarbeit, gestützt durch das Handout
Plenumsdiskussion
Zeitbudget 1. Einführung: Fragestellung, Aufgabe (10 Min)
2. Die Lernenden reflektieren ihre Zukunftsentscheidungen. (10 Min)
3. Sie präsentieren ihre Entscheidungen, vergleichen und bewerten sie. (20 Min)

Information

Wen wähle ich als Partner/in? – Wollen wir Kinder haben? – Welchen Beruf will ich ausüben?

In dieser Sequenz wechseln die Lernenden die Perspektive vom Blick zurück (Kindheit und Jugendalter) in die Zukunft, d.h. auf das vor ihnen liegende Leben als Erwachsene. Sie für dieses Leben fit zu machen ist ein Hauptziel der schulischen Bildung. Die Sequenz 3 thematisiert die Zukunft nach der Schule, indem sie nach den Lebensentwürfen der Lernenden fragt. Die heutigen Schülergenerationen stellen sich die gleichen drei Grundfragen wie ihre Eltern (s.o.), doch sind sie weniger von Konventionen und Erwartungen gelenkt als die Elterngeneration. Besonders deutlich wird dies im gewandelten Rollenbild der Frauen. Diese haben sich die Freiheit erkämpft, im Dreieck Partner – Kind – Beruf frei zu wählen; angebahnt und verstärkt hat diesen Prozess die generelle Bildungsexpansion.

Die Sequenz 3 bietet den jungen Frauen und Männern Gelegenheit, ihre Zukunftsvorstellungen und wechselseitigen Erwartungen auszudrücken und vielleicht auch kontrovers zu diskutieren.

 

Verlauf der Sequenz

1. Einführung in das Thema und die Aufgabe

Induktiver Einstieg

Die Lehrperson eröffnet die Sequenz mit einem Impuls bzw. mit einer Frage, die jede Schülerin und jeder Schüler beantworten kann und die ins Zentrum des Themas führt: Weshalb möchtest Du die Abiturprüfung (Matura) machen?

Erfahrungsgemäß wird der Grundtenor der Antworten lauten: Wir wollen studieren, einen anspruchsvollen – und gut bezahlten – Beruf ergreifen und Verantwortung übernehmen.

Die Lehrperson gibt mehreren Schülerinnen und Schülern Gelegenheit sich zu äußern, bis sich ein deutliches Bild entwickelt hat. Sie bezieht auch Schülerinnen und Schüler ein, die sich im Plenum eher zurückhalten und sie verzichtet auf jeden wertenden Kommentar. Abschließend zeigt sie das auf Wandtafel, Projektor oder Flipchart übertragene untenstehende Modell und erläutert es auch historisch: Früher war das Modell der sog. Hausfrauenehe verbreitet: die Frauen konzentrierten sich auf die Sorge für Kinder und Partner, der Mann stand im Beruf und ernährte die Familie mit seinem Einkommen. Die drei Ziele waren also aufgeteilt auf Mann und Frau. Heute haben Frauen das Recht erkämpft, zwischen allen drei Zielen wählen zu können. Mit diesen drei Weichenstellungen nehmen wir das Freiheitsrecht in Anspruch. Sie prägen unsere Identität.

Nun werden die Beiträge der Lernenden in Bezug zum Modell gestellt: Welche lassen sich unter die Rubrik Beruf/Berufsziel fassen? Welche beziehen sich auf Partner- und Kinderwunsch?

Die Darstellung kann und soll als Impuls für weiterführende Diskussionen wirken. So können die Lernenden erkennen und thematisieren, dass sich die Partnerwahl rückgängig machen lässt, wie es vielfach geschieht (Trennung, Scheidung), ebenso wie die Berufswahl (Kündigung, Arbeitslosigkeit, Weiterbildung). Die Verantwortung für ein Kind hingegen bleibt ein Leben lang bestehen. Die Lehrperson gibt den Beiträgen der Lernenden Raum, forciert sie jedoch nicht.

Die Lehrperson führt in die Aufgabe ein

Die Lehrperson verteilt Handout 1.2. In einer kurzen Lesepause informieren sich die Lernenden über das Lernangebot. Die Lehrperson weist auf die Auszüge aus den Menschenrechtserklärungen hin: wir nehmen Menschenrechte wahr, wenn wir uns für eine Familie entscheiden oder auch darauf verzichten, einen Partner oder eine Partnerin zu wählen oder einen bestimmten Berufsweg einschlagen.
In der Praxis ist es schwierig, alle drei Optionen zu verwirklichen. Das Bild des „magischen Dreiecks“ weist auf die möglichen Zielkonflikte hin. Frauen und Männer entscheiden sich oft für unterschiedliche Prioritäten und Kompromisse.

Diese Aufgabe gibt den Lernenden Gelegenheit, ihre Prioritäten zu reflektieren und mit den Entscheidungen ihrer Eltern zu vergleichen. Auch hier entscheiden die Lernenden selbst, ob sie ihre Ergebnisse im abschließenden Plenum (siehe unten 3.) mitteilen wollen.

2. Die Lernenden reflektieren ihre Lebensentwürfe

Die Auseinandersetzung mit dem Handout 1.2 erfolgt in Einzelarbeit. Die Lehrperson verzichtet darauf, die Ergebnisse einzusehen oder gar zu bewerten. Sie bereitet stattdessen an der Wandtafel, auf einem Flipchart oder digital ein Raster zur Integration der Arbeitsergebnisse vor, das sich am Raster im Handout 1.2 orientiert. Dieses Raster sollte vorerst nicht einsehbar sein, um die Arbeit nicht zu beeinflussen.

Die drei Grundoptionen werden durch die Anfangsbuchstaben dargestellt:

Beruf – Partnerschaft – Kinder: Unsere Zukunftsoptionen

Zukunftsoptionen Frauen Männer
Alle drei B + P + K
Zwei von dreien P + K
B + P 
B + K
Eine von dreien B
P
K
Ich weiß noch nicht

 

3. Die Lernenden präsentieren ihre Entscheidungen, vergleichen und bewerten sie.

Die Lehrperson erklärt das Vorgehen, gemäß dem die Ergebnisse zusammengetragen werden: Die Lernenden kommen einzeln an die Wandtafel und tragen ihre Entscheidung in den entsprechenden Feldern ein. Ein einfacher Strich genügt. Schülerinnen und Schüler verwenden getrennte Spalten, um weibliche und männliche Lebensentwürfe vergleichen zu können. Die Einträge sollen verdeckt vorgenommen werden, um Zuordnungen zu einzelnen Personen auszuschließen.

Anschließend werden die Ergebnisse verglichen und diskutiert.

Das Resultat dieses kleinen Beispiels empirischer Sozialforschung kann kaum vorhergesagt werden. Schwer zu sagen ist auch, inwieweit die Diskretion ausreicht, um ein unverfälschtes Ergebnis zu erhalten. Interessant zu sehen ist jedenfalls, wie sich die Optionen und Kombinationen innerhalb und zwischen den Geschlechtern verteilen, und zu diskutieren, welches die Gründe dafür sein könnten.
Die Lehrperson moderiert, wenn nötig, behutsam den Prozess der Interpretation der Ergebnisse. Hierzu können vielleicht die folgenden Hinweise nützlich sein:

„Partner und Beruf“: Dies ist das traditionelle männliche Rollenmodell. Falls auch Frauen sich dafür entscheiden, ergibt sich das „Dink“-Muster (double income, no kids), das zum Alterungsprozess der Bevölkerung beiträgt. „Das Private wird politisch“: Die Summe der Einzelentscheidungen wirkt sich auf die Zukunft der Gesellschaft aus.

„Kind und Partner“: Dabei handelt es sich um das traditionelle Hausfrauenmodell, das heute stark an Bedeutung verloren hat, es sei denn – wie auch das Hausmannmodell – als Zwischenlösung für eine befristete Zeit.

„Beruf und Kind“ – alleinerziehend und berufstätig – ist als Wunsch- oder Zielvorstellung sehr selten, kommt in der Realität aber häufig vor. Vermutlich leben auch einige der Lernenden mit alleinerziehenden Müttern oder – seltener – Vätern zusammen.

„Beruf – Kind – Partner“: Den Lernenden wird bewusst sein, dass diese Option eine Herausforderung ist, insbesondere wenn beide Eltern berufstätig sind. Ist ein Unterschied zwischen den Geschlechtern festzustellen? Berufstätige Mütter – seltener die Väter – erreichen die Balance oft durch Teilzeitarbeit.

Mit diesen Interpretationsmustern wartet die Lehrperson das Ergebnis der Schülerbeiträge ab. In der Unterrichtssituation selbst improvisiert sie, indem sie die Lernenden unterstützt, mit ihrem „Material“ zu arbeiten und seine Bedeutung zu verstehen. Die Lehrperson reflektiert nach der Sequenz, ob diese Analysehilfen für die Lernenden angemessen und brauchbar waren.

Vertiefung: Recherche zum Alterungsprozess der Bevölkerung

Das Problem des Geburtenrückgangs und des Alterungs- bzw. Schrumpfungsprozesses der Bevölkerung betrifft die Mehrzahl der industrialisierten und entwickelten Gesellschaften (so etwa Deutschland, die Schweiz und Italien, während Frankreich und die USA zu den Ausnahmen zählen, die von diesem Trend wenig betroffen sind). Die Gefahren für die Rentensysteme und die wirtschaftliche Entwicklung sind sehr ernst zu nehmen.

Die Frage nach den Auswirkungen der Einzelentscheidungen auf die Zukunft der Gesellschaft eignet sich damit bestens als Nahtstelle für ein spannendes Anschlussprojekt. Die Lernenden hätten dabei den Auftrag, Daten zur demographischen Entwicklung in ihrem Staat zu recherchieren und Versuche zur Problemlösung seitens der Familienpolitik zu diskutieren und zu beurteilen.