Einheit 2: Vielfalt und Pluralismus – Daheim in Europa

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Einheit 2: Basiskonzept „Vielfalt und Pluralismus“ (Primarstufe)

Daheim in Europa
Einführung für Lehrpersonen: Wie kommt Europa im Alltagsleben der Schülerinnen und Schüler vor?

Primarkinder nehmen die Zeit und räumliche Beziehungen anders wahr als Schüler auf der Sekundarstufe oder Erwachsene. Wenn Europa auf dieser Stufe thematisiert wird, ist es daher wichtig, altersgerechte Berührungspunkte zu finden, an die ein didaktisches Konzept Europa-bezogenen Lernens anknüpfen kann. Die Lehrperson sollte sich im Vorfeld mit den Vorkenntnissen der Kinder auseinandersetzen, mit ihrer Einstellung zu Europa und ihren Interessen. Sie sollte auch berücksichtigen, wie Kinder in der Grundschule Informationen beschaffen können. Wie können Primarkinder Europa kennen lernen?

Die Schlüsselfrage von EDC/HRE in diesem Zusammenhang lautet: Was ist eine „europäische Identität“? EDC/HRE ist nämlich kein nationales Konzept. Es stellte sich der Frage, wie Menschen zusammenleben können, deren Lebensbedingungen sich deutlich unterscheiden – in Bezug auf ihre Familie, Nachbarschaft, soziale Herkunft, Schule, Region, Staat und auch ihren Bezügen zu Europa.

Auch Primaschüler in Europa wachsen unter vielfältigen und ungleichen Bedingungen auf. Ihre Lebenserfahrung umfasst eine europäische Dimension. Sie begegnen Menschen aus andern Ländern, mit anderen Kulturen und anderen Sprachen. Ihr Alltag bietet zahlreiche Anlässe für derartige Erfahrungen, z.B.:

  • Im Kindergarten, in der Schule, ihrer Nachbarschaft usw. begegnen sie Kindern aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen.
  • Sie nutzen Produkte, die in anderen Ländern hergestellt wurden und eine – allerdings häufig intransparente – globale Wertschöpfungskette durchlaufen haben.
  • Kinder und Jugendliche wachsen mit Medien auf, die europäische und internationale Bezüge aufweisen. Zu diesen Medien gehören Bücher, Zeitschriften, Fernsehen, digitale Tonträger, sowie insb. Das Internet und netzbasierte soziale Netzwerke.
  • Kinder reisen in andere Länder und begegnen Menschen, die fremde Sprachen sprechen und deren Lebensweise und Lebensbedingungen sich unterscheiden.

Die skizzierten Erfahrungszusammenhänge nehmen Kinder von frühester Kindheit als selbstverständlich, d.h. unbewusst wahr. Ihnen ist z.B. nicht bewusst, dass Lebensmittel wie Spaghetti, Pizza oder Croissants ursprünglich aus anderen Ländern stammen, weil sie den langsamen Integrationsprozess von Konsumgütern innerhalb Europas nicht erlebt haben. Gleichzeitig finden sich ständig Stereotype und Klischees über andere Länder Europas in den Medien. Derartige Simplifizierungen können das Vorwissen (die Präkonzepte) junger Menschen über Europa prägen. Die Kinder machen sich ein Bild von Europa, das von Annahmen und Gefühlen geprägt ist, nicht von gesichertem Wissen.

Wenn Primarkinder über Europa sprechen, gehen sie also von ihren Wahrnehmungen und Vorstellungen aus. Die Lehrperson sollte sie daher nicht als Unwissende behandeln. Doch Europa als Thema in EDC/HRE kann dazu beitragen, dass die Kinder ihr Vorwissen ordnen, systematisieren, erweitern und objektivieren. Das Ziel des Lehr- und Lernprozesses besteht also darin, vorhandene Stereotype und Vorurteile zu überdenken und die Lernenden für eine multikulturelle, multilinguale europäische Gesellschaft zu sensibilisieren, in der Vielfalt herrscht, die Menschen aber gleichberechtigt sind.

Anders als in der Sekundarschule müssen Lehren und Lernen über Europa in der Primarschule aktiv erfahren und gelebt werden. Lehren über Europa in der Grundschule muss eine offene, aufgeschlossene Haltung für unterschiedliche Sichtweisen und Erfahrungen praktizieren und vorleben. Grundsätzlich demonstriert die Lehrperson zwei Perspektiven – eine objektiv-wertfreie und die Orientierung am Idealzustand. Sie muss mit sehr konkreten Beispielen arbeiten, die der Lebenserfahrung der Kinder entnommen sind.

Die pädagogische Beziehung zwischen Lehrperson und Lernenden ist ebenso bedeutsam wieder die Beziehung zwischen den Kindern. Denn für diese Altersgruppe sind ist die Erfahrung realer Kommunikation und Freundschaft die Grundlage ihrer Lehr- und Lernprozesse. Insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund könnte diese Erfahrung einen Zugang bieten, mehr über Europa und seine Bevölkerung zu lernen.

Ein wichtiges Ziel der Demokratie- und Menschenrechtsbildung besteht darin, die Entwicklung von Kompetenzen in drei Bereichen fördern. Diese Einheit hat das folgende Kompetenzprofil:

Kompetenzdimension …
… Politische Analyse- und Urteilskompetenzen … Methodenkompetenzen … Politische Entscheidungs- und Handlungskompetenzen
** ** ***

 

Hilfe aus dem Methodenkoffer

In dieser Einheit werden folgende Methodenkompetenzen aus dem Schüler-Methodenkoffer trainiert. Die Lehrperson entscheidet, ob alle oder einige Kinder zu diesem Kompetenztraining zusätzliche Hilfe benötigen.

X In Bibliotheken recherchieren
X Im Internet recherchieren
0 Interviews und Umfragen durchführen
0 Bilder interpretieren
0 Mindmaps erstellen
0 Plakate gestalten
0 Ausstellungen planen
X Präsentationen vorbereiten und halten
0 Präsentationen mit Overhead-Folien oder PowerPoint vorbereiten
0 Zeitungsartikel verfassen
X Aufführungen
0 Debattieren und Diskutieren

Einheit 2: Vielfalt und Pluralismus

Daheim in Europa
Wie kommt Europa im Alltagsleben der Schülerinnen und Schüler vor?

 

Thema Ziele Aufgaben Materialien und Medien Methoden

Sequenz 1

Was ist Europa?

Die Kinder reaktivieren ihre Vorkenntnisse über Europa. Sie erweitern und vertiefen sie und erfahren dabei, dass sich ihre Sicht auf Europa verändert. Die Kinder bearbeiten eine stumme Karte Europas. Sie geben an, woher sie kommen, und sie tragen die ihnen bekannten Städte und Länder, Meere und Flüsse ein, und fügen weitere Informationen hinzu (z.B. Landesfahnen). Sie nutzen unterschiedliche Informationsquellen, um ihre Europakarte zu vervollständigen und zu verfeinern. Klassensätze der Handouts im Schülerhandbuch: Stumme Karte Europas (möglichst im A3-Format), Länderporträts (Hauptstädte, Fahnen, Flüsse, Gebirge); Stifte, Kleber, Schere, Atlas, Bücher, Internetzugang (wenn möglich). Einzelarbeit, Präsentation im Plenum.

Sequenz 2:

Ich bin in Europa daheim (Gestaltung einer physischen Karte I)

Die Kinder produzieren ein Modell Europas und erfahren das Zusammenleben der Mitgliedsländer durch ihre Interaktion miteinander. Dabei erleben sie die Nähe und Distanz zwischen den Nationen in Europa. Die Klasse gestaltet auf dem Schulhof eine Karte Europas. In Partnerarbeit beschäftigen sich die Kinder mit den beiden Ländern, über die sie recherchiert haben. Sie markieren die Ländergrenzen und geben an, woher sie kommen. Handouts einer physischen Karte Europas als Vorlage, Länderporträts, bunte Blätter, Atlas. Partner- und Gruppenarbeit.

Sequenz 3

Ich bin in Europa daheim (Gestaltung einer physischen Karte II)

Den Schülerinnen und Schülern werden die Vielfalt und die Gegensätze innerhalb des europäischen Kontinents bewusst. Indem sie sehen, woher sie kommen, entwickeln sie räumliches Vorstellungsvermögen. Die Kinder gestalten die landschaftlichen Merkmale in ihrem Teil Europas. Sie tragen die Flüsse, Gebirge und andere wichtige Merkmale auf der physischen Karte ein. Abschließend wird die Karte fotografiert. Handouts einer physischen Karte Europas als Vorlage, Papier oder Stoff in verschiedenen Farben zur Darstellung der Gewässer sowie der Gebirge und Landschaftsformen, Atlas, Kamera. Partner- und Gruppenarbeit.

Sequenz 4

Europäerinnen und Europäer sind verschieden, jedoch gleichberechtigt.

In der Plenumsdiskussion wird den Kindern bewusst, dass Europa eine Vielfalt von Merkmalen aufweist. Sie kennen Beispiele dafür, dass Europäerinnen und Europäer vieles gemeinsam haben, sich zugleich aber deutlich voneinander unterscheiden. Die Kinder betrachten das Foto der physischen Karte. Die Lehrperson fordert die Klasse auf, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede aus geografischer und sozialer Perspektive zu diskutieren. Die Klasse diskutiert über soziale Unterschiede in Europa und sucht nach Lösungen, die einen Dialog und gegenseitiges Verständnis ermöglichen. Foto der physischen Karte, Länderporträts, Tafel oder Flipchart, Papierzettel. Plenumsdiskussion, Gruppenarbeit.