Einheit 6: Macht und Entscheidung – Ich bin der Chef! Wirklich?

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Einheit 6: Basiskonzept „Macht und Entscheidung“ (Primarstufe)

Einführung für Lehrpersonen: Legitime Macht – das Delegationsprinzip auf der Primarstufe

Ab dem 10. Lebensjahr sind Kinder zu abstraktem Denken fähig. Sie sind in der Lage, in ihrem Lebensumfeld Strukturen zu erkennen und zu entwickeln und können zwischen den eigenen Interessen und denen anderer unterscheiden. Diese Fähigkeit entwickelt sich mit zunehmendem Alter noch weiter.

Ab 10 Jahren begreifen Kinder allmählich die Beziehung zwischen Zeit und Raum und sie entwickeln die Fähigkeit, Gefühle auszudrücken und wahrzunehmen sowie Normen zu erkennen. In diesem Alter ist ihnen ihr Lebensumfeld bereits sehr vertraut und sie beginnen, sich eingehend für das Unbekannte zu interessieren. Sie nehmen soziale Gruppen (Vereine, Klubs, Jugendgruppen usw.) differenzierter wahr und sind deswegen zunehmend bereit, andere zu schützen und sich für deren Interessen einzusetzen.

Das Gemeinschaftsleben in der Klasse und der Schule allgemein erhält einen höheren Stellenwert. Wie ist das Gemeinschaftsleben organisiert? Welche Regeln sind wichtig? Wer entwickelt diese Regeln und wer legt sie fest? Wer darf die Regeln ändern?

Bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen ist es nicht nur wichtig, sich mit dem politischen System der Gemeinschaft oder – in einem weiteren Sinn – des Staates vertraut zu machen, man muss auch auf Strukturen und Prozesse innerhalb dieser Gemeinschaft Einfluss nehmen können, d.h. an Demokratie teilhaben und Demokratie erleben können.

Gerade auf der Sekundarstufe I zeigen außerschulische Projekte, an denen die Kinder teilhaben können, äußerst positive entwicklungspsychologische Auswirkungen. Schülerinnen und Schüler können den zyklischen Verlauf politischer Entscheidungsprozesse wahrnehmen und verstehen. Außerdem werden die meisten Entscheidungen, die für Kinder in diesem Alter betreffen, auf kommunaler Ebene getroffen (Verkehr, Freizeitangebote, usw.). Schülerinnen und Schüler sollten dazu ermutigt werden, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen und sich in bestimmten Bereichen des Schulalltags zu engagieren, da praktische Erfahrungen der Teilhabe bedeutende Lernchancen beinhalten. Das gilt z.B. für die Delegierung von Verantwortung und Entscheidungsbefugnissen. Wer dieses Prinzip in der Schulpraxis erfährt, lernt mehr und intensiver, was Teilhabe und Verantwortung bedeuten als durch kognitiv orientierte Instruktion. Je öfter Kinder dieses Alters Erfahrungen in der sozialen Realität machen können und je öfter sie die Chance erhalten, politische Prozesse zu beeinflussen, desto wahrscheinlicher wird es, dass sie auch als Erwachsene an Entscheidungsfindungsprozessen teilhaben und sich für die Gesellschaft verantwortlich fühlen.

Diese Einheit thematisiert das Basiskonzept „Macht und Entscheidung“ exemplarisch und erfahrungsorientiert am Delegationsprinzip. Diese Einheit hat das Ziel, das politische Bewusstsein der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Die Sequenzen modellieren politische Prozesse in der Schule analog zu jenen außerhalb der Schule. Es wird gezeigt, dass die Wahl der Klassensprecherin bzw. des Klassensprechers nicht als isolierter Vorgang, sondern vielmehr Modell zu sehen ist. Es soll nicht darum gehen, eine politische Wahl zu simulieren; die Wahl des Klassensprechers soll sich vielmehr auf den Schulalltag der Kinder auswirken.

Demokratie- und Menschenrechtsbildung soll die Entwicklung von Kompetenzen in drei Bereichen fördern. Die vorliegende Einheit hat das folgende Kompetenzprofil:

Kompetenzdimension
Politische Analyse- und Urteilskompetenzen Methodenkompetenzen Politische Entscheidungs- und Handlungskompetenzen
** *** **
Hilfe aus dem Methodenkoffer
In dieser Einheit werden folgende Methodenkompetenzen aus dem Schüler-Methodenkoffer trainiert. Die Lehrperson entscheidet, alle oder einige Kinder zu diesem Kompetenztraining zusätzliche Hilfe benötigen.
0 In Bibliotheken recherchieren
0 Im Internet recherchieren
0 Interviews und Umfragen durchführen
0 Bilder interpretieren
0 Mindmaps erstellen
0 Plakate entwerfen
0 Ausstellungen planen
X Präsentationen vorbereiten und halten
0 Overhead–Folien oder PowerPoint–Präsentationen vorbereiten
0 Zeitungsartikel verfassen
0 Aufführungen
X Debattieren und diskutieren

Einheit 6: Macht und Entscheidung

Ich bin der Chef! Wirklich?
Legitime Macht – das Delegationsprinzip auf der Primarstufe

 

Thema Ziele Aufgaben Medien und Hilfsmittel Methoden

Sequenz 1

Ein Superheld?

Die Kinder verstehen die Konzepte von Verantwortung und Befugnis. Die Kinder diskutieren über die Verantwortung eines Klassensprechers/einer Klassensprecherin und welche Kompetenzen und Eigenschaften von ihm oder ihr erwartet werden. Flipchart, Stifte, Klassensatz des Arbeitsblatts „Ein Superheld?“, ein Poster mit der Darstellung eines Superhelden, Post-it-Zettel. Einzelarbeit, Gruppenarbeit, Plenumsdiskussion.

Sequenz 2

Die Guten und die Bösen?

Die Schülerinnen und Schüler verstehen, dass eine Person eine Gruppe repräsentieren kann. Sie entwickeln ein Verständnis für das Prinzip der Delegation von Macht auf Zeit und Rechenschaftspflicht. Sie erkennen die Unterschiede und Parallelen bei der Wahl eines Klassensprechern und eines Regierungschefs. Die Kinder vergleichen ihre Vorstellungen von Politik und Demokratie mit einer schematischen Darstellung der repräsentativen Demokratie. Sie diskutieren über ihre Vorstellungen von Politikern. Um ihre Vorstellungen mit denen Anderer vergleichen zu können, führen sie Kurzinterviews durch. Klassensatz des Arbeitsblatts „Repräsentative Demokratie“, Stifte, Papier. Einzelarbeit, Partnerarbeit, Gruppenarbeit.

Sequenz 3

Einer oder eine macht alles, die anderen machen nichts?

Die Kinder denken über die Verantwortlichkeiten und Kompetenzen nach, die mit verschiedenen Positionen einhergehen und verstehen den Wahlprozess wie auch die Konsequenzen einer Wahl. Die Kinder präsentieren der Klasse in einer sog. Blitzlichtrunde ausgewählte Ergebnisse ihrer Interviews. Sie bestimmen die Aufgaben und Kompetenzen eines Politikers bzw. Klassensprechers. Sie wählen zwei Kinder zum Klassensprecher bzw. zum stellvertretenden Klassensprecher. Flipchart, Stifte, Wahlkarten, Kandidatenliste zur Klassensprecherwahl, Klassensatz des Fragebogens für die Elternbefragung. Blitzlichtrunde, Kandidatenbefragung im Plenum.

Sequenz 4

Die Macht teilen

Die Schülerinnen und Schüler werden mit den Konzepten der Wiederwahl und der Abwahl vertraut gemacht. Sie erkennen die Notwendigkeit der Herrschaftskontrolle. Die Kinder erörtern und bestimmen Verfahren, die ihnen ermöglichen, die Arbeit des Klassensprechers zu kontrollieren. Flipchart, Stifte. Gruppenarbeit, Vorlesen, Plenumsdiskussion.