Einheit 8: Recht und Freiheit – Meine Rechte – deine Rechte

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Einheit 8: Basiskonzept „Recht und Freiheit“ (Primarstufe)

Einführung für Lehrpersonen: Menschenrechte: Was ist wichtig für mich – für dich – für andere?

 

Menschenrechte könnten grundsätzlich als natürliche, unveräußerliche Rechte definiert werden, ohne die wir Menschen uns nicht entfalten können.

Die Menschenrechte und die Grundfreiheiten erlauben es uns, uns voll zu entfalten und von unseren menschlichen Eigenschaften und Potenzialen, unserer Intelligenz, unseren Talenten und unserem Gewissen Gebrauch zu machen, und sie erlauben es uns auch, unsere spirituellen und sonstigen Bedürfnisse zu befriedigen. Die Menschenrechte beruhen auf dem wachsenden Anspruch der Menschen nach einem Leben, in dem die Würde und der Wert, mit denen jeder Mensch zur Welt kommt, respektiert und gewahrt werden.

Diese Einheit liefert Grundinformationen für Primarschullehrerinnen und -lehrer. Sie unterstützt sie, den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse über die Menschenrechte zu vermitteln und ihnen die Werte der Menschenrechte bewusst zu machen. Dazu gehört auch, dass Menschenrechte universal gelten (sollten) und in unseren Beziehungen zueinander grundsätzlich auf Gegenseitigkeit beruhen. Die einführenden Informationen in dieser Einheit können einen Einstieg bieten. Lehrpersonen sollten sich ein vertieftes Verständnis der Menschenrechte erarbeiten – durch eigene Recherchen sowie mit Hilfe audiovisueller Medien und der reichlich vorhandenen Literatur. Wir wünschen uns, dass der vorliegende Band beiträgt zu einem kontinuierlichen Anpassungs- und Entwicklungsprozess auf sämtlichen Unterrichtsstufen in den verschiedenen und vielfältigen Kulturen der Welt.

Die Dekade der Vereinten Nationen für Menschenrechtsbildung (1995-2004) definierte Menschenrechtsbildung als „Training sowie die Vermittlung und Verbreitung von Kenntnissen, mit dem Ziel, eine universale Kultur der Menschenrechte zu schaffen.“ Dies soll durch die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten sowie durch die Förderung von Grundhaltungen geschehen, um

a) die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu stärken;
b) die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und das Bewusstsein für die Würde des Menschen zu fördern;
c) Verständnis, Toleranz, Gleichberechtigung der Geschlechter und Freundschaft zwischen allen Nationen, indigenen Völkern, sowie rassischen, nationalen, ethnischen, religiösen und sprachlichen Gruppen zu stärken;
d) alle Menschen zur effektiven Partizipation in einer freien Gesellschaft zu befähigen;
e) Aktivitäten der Vereinten Nationen zur Wahrung des Friedens zu fördern8.“

Der von den Vereinten Nationen geforderte Prozess hängt von Bildungssystemen vor Ort ab, die ihrerseits große Unterschiede aufweisen, nicht zuletzt hinsichtlich des Ermessensspielraums, den sie Lehrpersonen bei der Bestimmung ihrer Unterrichtsziele zubilligen. Dennoch wird die Lehrperson als Initiatorin und Multiplikatorin stets die Schlüsselrolle spielen, und sie trägt daher eine große Verantwortung bei der Verbreitung und Förderung der Prinzipien der Menschenrechte in der Klasse. Es reicht jedoch nicht aus, Kenntnisse über die Menschenrechte im Unterricht zu vermitteln. Die Werte, die den Menschenrechten sowie demokratischer Entscheidungsfindung zugrunde liegen, sollten das Zusammenleben, Lehren und Lernen in der Klasse bestimmen. Die Schülerinnen und Schüler wollen sich nicht nur Wissen über die Menschenrechte aneignen, sondern diese auch als pädagogische Leitlinie erfahren und sie im Schulleben wahrnehmen können.

Die Tatsache, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte9 nahezu universelle Gültigkeit und Anwendbarkeit hat, ist für Lehrpersonen sehr wichtig. Da es die Lehrperson sich auf Grundprinzipien berufen kann, die nunmehr seit vielen Jahren weltweit anerkannt sind, kann sie guten Gewissens sagen, dass sie ein normatives unterstützt, zu dem sich die internationale Gemeinschaft und fast alle Staaten der Welt bekannt haben. Zwar bestehen zwischen den einzelnen Bildungssystemen große Unterschiede. Wenn die Lehrperson Menschenrechtsbildung in der Klasse praktiziert, kann sie jedoch darauf verweisen, dass deren Inhalte, Ziele und Methoden zur Achtung der Menschenrechte in der Klasse sowie im Schulleben beitragen.

Damit ist gemeint, dass jegliche Doppelmoral zu vermeiden ist. Worum es geht, wird unmittelbar einsichtig, wenn die Sache, von der eine Lehrperson spricht, ihrem Verhalten und ihrer Unterrichtsmethode deutlich widerspricht. Ein Beispiel: „Heute werden wir über das Recht der freien Meinungsäußerung sprechen – wollt ihr da hinten endlich den Mund halten!“. Das Verhalten der Lehrperson trägt die Botschaft, so dass Schülerinnen und Schüler viel über Macht, aber kaum etwas über Menschenrechte und die Achtung menschlicher Würde lernen, die den Kern der Freiheitsrechte ausmacht. Da Schülerinnen und Schüler reichlich Zeit damit verbringen, Lehrpersonen zu beobachten, und sich dadurch ein gutes Bild von deren persönlichen Überzeugungen machen können, wird sich das oben beschriebene Lehrerverhalten kaum positiv auswirken. So werden sie vielleicht versuchen der Lehrperson zu gefallen, indem sie persönlichen Ansichten der Lehrperson wiedergeben, ohne selbst nachzudenken. Zumindest zu Beginn kann dies ein Grund sein, weshalb sie ihre eigene Meinung nicht äußern. In einem umfassenderen Sinn wirft die Doppelmoral tiefgreifende Fragen auf, wie die menschliche Würde der Lehrperson sowie der Schülerinnen und Schüler geschützt werden kann – in der Klasse, in der Schule und in der Gesellschaft als ganzes. Lehrpersonen sind daher herausgefordert, nach Möglichkeiten zu suchen, wie weitere Parteien in die Klärung der Frage einzubeziehen wären, was wie und weshalb zu tun ist; das bedeutet, nicht nur Schülerinnen und Schüler, Schulverwalter, Bildungsbehörden und Eltern zu beteiligen, sondern, insofern dies angemessen ist, auch Mitglieder der Gemeinde, in der sie leben und arbeiten.

Demokratie- und Menschenrechtsbildung soll die Entwicklung von Kompetenzen in drei Bereichen fördern.

Die vorliegende Einheit hat das folgende Kompetenzprofil:

Kompetenzdimension
Politische Analyse- und Urteilskompetenzen Methodenkompetenzen Politische Entscheidungs- und Handlungskompetenzen
** *** *
Hilfe aus dem Methodenkoffer
In dieser Einheit werden folgende Methodenkompetenzen aus dem Schüler-Methodenkoffer trainiert. Die Lehrperson entscheidet, alle oder einige Kinder zu diesem Kompetenztraining zusätzliche Hilfe benötigen.
0 In Bibliotheken recherchieren
0 Im Internet recherchieren
X Interviews und Umfragen durchführen
X Bilder interpretieren
0 Mindmaps erstellen
0 Plakate entwerfen
0 Ausstellungen planen
X Präsentationen vorbereiten und halten
X Overhead–Folien oder PowerPoint–Präsentationen vorbereiten
0 Zeitungsartikel verfassen
0 Aufführungen
0 Debattieren und diskutieren

 

Einheit 8 Recht und Freiheit
Meine Rechte – deine Rechte

Was ist wichtig für mich, für dich, für andere?

 

Thema Ziele Aufgaben Medien und Hilfsmittel Methoden

Sequenz 1:

Wünsche und Bedürfnisse: Was ist wichtig für mich?

Die Schülerinnen und Schüler lernen, dass ihre individuellen Wünsche – Sachen, die sie gerne hätten, und Ideen, die sie gerne verwirklichen würden – genau so wichtig sind wie die Dinge, welche Menschen für ein menschenwürdiges Leben benötigen. Zur Vorbereitung schneiden die Lernenden möglichst viele Bilder aus Zeitungen und Zeitschriften aus. Sie wählen Bilder aus, die ihre Wünsche und Bedürfnisse darstellen; in einer Diskussion einigen sie sich auf eine Auswahl und begründen sie vor der Klasse. Sie versuchen, Wünsche und Bedürfnisse voneinander abzugrenzen. Wäscheleine (ggf. eine Schnur), Wäscheklammern, Ausschnitte (Bilder) aus Zeitungen und Zeitschriften, Klassensatz des Arbeitsblatts „Zwischen ‘WÜNSCHEN’ und ‘BEDÜRFNISSEN’ unterscheiden“. Klassengespräch, Diskussion, Gruppenarbeit, Kurzpräsentation.

Sequenz 2:

Menschenrechte: Was haben sie mit unseren Bedürfnissen zu tun?

Die Lernenden erkennen, dass die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte sich in hohem Maße an menschlichen Bedürfnissen orientiert. Die Kinder ordnen ihre Bedürfnisse (vgl. Sequenz 1) einzelnen Menschenrechten zu. Arbeitsblatt (Menschenrechte in vereinfachter Fassung), Auflistung der Bedürfnisse aus der 1. Sequenz. Lehrervortrag, Gruppenarbeit.

Sequenz 3:

Was weiß man bei uns über Menschenrechte, was meint man dazu?

Die Schülerinnen und Schüler erweitern ihre Lernerfahrung, indem sie Erwachsene zu ihren Kenntnissen und Einstellungen über Menschenrechte befragen. Dabei stellen sie fest, wie verschieden einzelne Menschenrechte bewertet werden können. Die Kinder bereiten eine Umfrage vor und üben sie in der Klasse ein. Die Umfrage führen sie als Hausaufgabe vor der 4. Sequenz durch. Klassensatz des Arbeitsblatts zur Umfrage, Papier, Stifte. Rollenspiel mit Feedback zur Erprobung der Umfrage, Umfragen in Kleingruppen.

Sequenz 4:

Es leben die Menschenrechte!

Bei der Präsentation ihrer Umfrageergebnisse wird den Schülerinnen und Schülern bewusst, wie unterschiedlich Menschen die einzelnen Menschenrechte bewerten. Sie denken über ihre eigenen Lernprozesse nach und ermöglichen dadurch den Transfer von Kenntnissen und Kompetenzen. Die Lernenden präsentieren die Ergebnisse ihrer Umfrage und diskutieren darüber. Sie reflektieren den gesamten Lernprozess. Ein A4-Blatt für Notizen, große Papierstreifen, Stifte. Gruppendiskussion, Plenumsdiskussion.

 

8. Vgl. den Aktionsplan der Dekade der Vereinten Nationen für Menschenrechtsbildung (1995-2004, Absatz 2); eigene Übersetzung und Adaption. Zugang zum Originaltext unter „Plan of Action“ (hier: Paragraf 2) auf https://www.ohchr.org/EN/Issues/Education/Training/Pages/Decade.aspx (Abruf am 12.02.2020).
9. Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen angenommen. https://unric.org/de/allgemeine-erklaerung-menschenrechte/ (Abruf am 13.02.2020).