Einheit 9 – Arbeitsblatt 1 für Lehrpersonen: Medien in der Demokratie
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In einer Demokratie sind die Bürger darauf angewiesen, von den klassischen Massenmedien informiert und in die Meinungsbildung über laufende politische Auseinandersetzungen einbezogen zu werden. D.h., Medien stehen dafür ein, Fakten objektiv, umfassend und möglichst eng an den Tatsachen orientiert wieder zu geben. Meinungen und Urteile werden explizit als solche gekennzeichnet, z.B. durch eine klare Trennung von Nachricht und Kommentar. In gleicher Weise werden Informationen gekennzeichnet, die nicht auf gesicherten Fakten bzw. auf Vermutungen beruhen.
Die Vielfalt der Medien sorgt dafür, dass sich Informationen aus verschiedenen Quellen, ergänzen, widersprechen und auch gegenseitig korrigieren. Mediennutzer und -nutzerinnen können sich bei ihrer Meinungsbildung daher auf ein ausgewogenes Informationsangebot stützen.
In einer Diktatur dienen die Medien dagegen der Machtsicherung der Herrschenden. Als Propagandainstrumente rechtfertigen sie deren Politik, indem sie z.B. Informationen unterschlagen, verfälschen oder emotional aufbauschen. Die Rolle der Medien in einem Land sagt daher viel darüber aus, ob es sich um eine Demokratie oder eine Diktatur handelt.
Mit der Meinungs- und die Pressefreiheit steht und fällt eine Demokratie, ebenso wie die umfassende Wahrnehmung der Menschenrechte. Die klassischen Print- und Runkfunkmedien agieren als Kontrollinstanz („vierte Gewalt“) sowie als Agenda-Setter. Sie schaffen für ihr Publikum eine umfassende Öffentlichkeit, in der potenziell alle Bürgerinnen und Bürger als Leserinnen bzw. Zuhörer und Zuschauerinnen einbezogen sind.
Dieses klassische Modell der diskursiven Öffentlichkeit in der repräsentativen Demokratie hat einen radikalen „Strukturwandel“ (Habermas13) durchlaufen. Konzentrationsprozesse und Privatisierungen im Rundfunkbereich haben die Vielfalt der Medienunterunternehmen erheblich reduziert. Noch folgenreicher ist die rasante Ausbreitung der digitalen netzbasierten Kommunikation, die allen Nutzern zu potenziellen Autorinnen und Autoren gemacht hat. Neben die diskursive Öffentlichkeit, die von den klassischen Medien konstituiert wurde, ist eine fragmentierte, unübersichtliche Vielfalt von digitalen Teilöffentlichkeiten und „Filterblasen“ getreten, die den inklusiven Anspruch der diskursiven Öffentlichkeit in Frage stellen, auf den moderne repräsentative Demokratien angewiesen sind.
Der „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ ist in seinen Auswirkungen ambivalent. Zugespitzt formuliert konkurriert der Leitartikel mit dem Blog und dem Shitstorm. Die global vernetzten digitalen Medien können als Propagandamittel und zur Verbreitung von „Hetze und fake news“ dienen, aber ebenso als Instrument der Kommunikation und der Aufklärung. Sie erweisen sich als schwer regulierbar, entziehen sich jedoch deswegen auch in Diktaturen der Zensur, und haben gemeinsam mit den klassischen Medien in der Vergangenheit wichtige Erfolge in der Aufdeckung von Menschenrechtsverletzungen vorzuweisen. Mehr als einmal haben Medienbeiträge, Fernsehinterviews oder andere bildgestützte Nachrichten die Freilassung politischer Häftling bewirkt; und mehr als einmal haben Menschen mit ihrem Handy Meldungen verschickt, um andere vor einer drohenden Katastrophe zu warnen.
EDC/HRE steht vor der Aufgabe, junge Menschen in der Nutzung klassischer und digitaler Medien zu trainieren. Klassische und digitale Medien und Kommunikationsformen bieten große Potenziale und können sich ergänzen. Kinder und Jugendliche müssen u.a. lernen
- Mediengeräte zu beherrschen (sie das Thema dieser Einheit);
- andere Meinungen gelten zu lassen und es aushalten können, dass wir oft Fragen haben, ohne die Antwort zu kennen (Problem des Nichtwissens)14;
- Einen kritischen Blick für „Fake News „entwickeln und die Botschaft hinter einer Nachricht („telling is selling“) wahrnehmen.
13. Siehe dazu: Jürgen Habermas: Moralischer Universalismus in Zeiten politischer Regression. Jürgen Habermas im Gespräch über die Gegenwart und sein Lebenswerk. In: Leviathan 48. Jg. 1/2020, S. 7 – 28; hier S. 25 ff. https://www.nomos-elibrary.de/10.5771/0340-0425-2020-1-7/moralischer-universalismus-in-zeiten-politischer-regression-juergen-habermas-im-gespraech-ueber-die-gegenwart-und-sein-lebenswerk-jahrgang-48-2020-heft-1?page=1 (Abruf am 14.04.2020).
14. Zur „Toleranz von Mehrdeutigkeit“ siehe: Europarat: Kompetenzen für eine demokratische Kultur. Gleichberechtigtes Zusammenleben in kulturell unterschiedlichen demokratischen Gesellschaften. Kurze Zusammenfassung, S. 43 f. https://www.coe.int/en/web/education/publications (Abruf am 14.04.2020).