Sequenz 4: Stereotype und Vorurteile über mich selbst

Living Democracy » Textbooks » In der Demokratie leben » Teil 1: Individuum und Gesellschaft » Einheit 1: Stereotype und Vorurteile » Sequenz 4: Stereotype und Vorurteile über mich selbst

Wie sehe ich mich, wie sehen mich Andere?

Ziele

Die Lernenden werden sich bewusst, wie sie von anderen wahrgenommen werden und lernen, dies zu akzeptieren.

Sie verstehen besser, wie Andere sie wahrnehmen und auf sie reagieren. Sie werden sich bewusst, wie ihre Identität auf andere wirkt.

Aufgabe

Die Lernenden sammeln Begriffe zur Beschreibung einer Person.

Die Lernenden beschreiben sich selbst und einen Lernpartner/eine Lernpartnerin und vergleichen ihre Ergebnisse.

Medien und Hilfsmittel Flipcharts, Marker, Schüler-Handout 1.2
Methoden Schreibgespräch, Partnerarbeit, Auswertung im Plenum.

Verlauf der Sequenz

Zum Einstieg in die Sequenz fasst die Lehrperson die Ergebnisse der vorangegangenen drei Sequenzen zusammen oder überträgt diese Aufgabe an die Lernenden. Sie stellt den Plan für die heutige Sequenz vor. Sie erinnert die Klasse daran, sie in dieser Einheit zunächst sich auf eine Person konzentrierte (die persönliche Situation des neu zugezogenen Jungen) und in einem weiteren Schritt untersuchte, wie größere Gruppen, z.B. Berufsgruppen, ethnische Gruppen oder ganze Länder, wahrgenommen werden. Jetzt sollen die Lernenden sich wieder auf eine Einzelperson konzentrieren, und zwar sich selbst. Alle Lernenden in der Klasse werden Gegenstand der Analyse sein. Sie werden sich auf folgende Fragen konzentrieren:

Wer bin ich?
Wie würde ich mich beschreiben? Selbstwahrnehmung
Wie würde mich ein Mitschüler/eine Mitschülerin beschreiben? Fremdwahrnehmung

Die Lehrperson fixiert diese Leitfragen an der Tafel oder auf einem Flipchart. Sie kann die Lernenden auch auffordern zu wiederholen, was sie in den letzten Sequenzen zur Unterscheidung von Selbst- und Fremdwahrnehmung gelernt haben. Ergänzend dazu oder alternativ kann sie die Leitkonzepte Vorurteil und Stereotyp wiederholen.

Die Lernenden erhalten den Auftrag, möglichst viele Adjektive aufzulisten, mit denen sich eine Person beschreiben lässt. Die Lehrperson kann Hilfestellung geben, indem sie die Handouts 1.1 verteilt, auf denen die Lernenden Adjektive gesammelt haben, um Max zu beschreiben. Zusätzlich oder alternativ kann sie mit Impulsfragen die Lernenden anregen, Adjektive zur Beschreibung einer Person aus unterschiedlichen Perspektiven zu suchen:

Wie würden wir Menschen beschreiben,

  • wenn sie gut gelaunt sind?
  • wenn sie schlecht gelaunt oder sogar wütend sind?
  • wenn sie gute Freunde sind?
  • wenn wir ihr Aussehen beschreiben wollen?
  • wenn wir sie als Schülerin oder Schüler beschreiben wollen?

Diese Aufgabe sollte nicht in ein frontales Erarbeitungsmuster münden, in dem nur wenige Lernende etwas beitragen und die Mehrheit der Klasse passiv bleibt. Vielmehr sollte in dieser Phase die ganze Klasse einbezogen werden.

Mit dem folgenden Aufgabenformat12 des Schreibgesprächs werden alle Lernenden einbezogen: Sie arbeiten allein, um ihre eigenen Ideen generieren zu können. In den Ecken des Klassenzimmers oder auf separaten Tischen sind Flipcharts aufgehängt oder ausgelegt, die in der Überschrift je einen Leitbegriff oder eine Kategorie zeigen. Bei jedem Poster liegt ein Marker bereit. Die Lernenden bewegen sich schweigen im Klassenraum und schreiben ihre Ideen auf die Poster. Da sie immer die Einträge der anderen lesen können, sollten sie diese nicht wiederholen, sondern mit Kommentaren und neuen Ideen darauf reagieren. Es entstehen mehrere Schreibgespräche, an denen alle Lernenden sich beteiligen können und sollen. Die Lehrperson achtet darauf, dass das Schweigegebot eingehalten wird, damit alle Lernenden sich konzentrieren können.

Das Ergebnis eines solchen Schreibgesprächs auf einem der Poster könnte wie folgt aussehen:

Wie ist ein Mensch, wenn er gut gelaunt ist?

  • fröhlich
  • witzig
  • entspannt
  • gesprächig
  • er singt und pfeift
  • charmant

Es ist keine Auswertung im Plenum erforderlich, da das Ziel dieser Aufgabe darin besteht, dass die Lernenden Ideen entwickeln, mit denen sie im nächsten Schritt weiterarbeiten können. Die Lehrperson sollte in dieser Phase bereits die Einteilung der Lernenden in Partnergruppen vorbereitet haben. Da die folgende Aufgabe die Gefühle der Schülerinnen und Schüler berührt, ist es wichtig, Lernende zusammen zu bringen, die gut miteinander auskommen.

Die Lehrperson verteilt das Handout 1.2 und gibt den Teams erhalten folgenden Auftrag:
Ihr werdet jetzt untersuchen, wie ihr euch selbst und wie ihr euch gegenseitig wahrnehmt. Geht dabei wie folgt vor:

  • Arbeitet zuerst für euch allein.
  • Schaut euch die vielen Beschreibungen auf den Plakaten im Klassenzimmer an und wählt die Begriffe aus, die euch eurer Meinung nach am besten beschreiben. Haltet sie auf dem Handout fest.
  • Fügt Eigenschaften und Beschreibungen von euch selbst in bestimmten Situationen hinzu, die ihr nicht auf den Postern gefunden habt, und haltet auch diese auf dem Handout fest.
  • Beschreibt dann auf die gleiche Art eure Partnerin/euren Partner.
  • Vergleicht eure Ergebnisse, wenn ihr beide fertig seid. Es ist sicher spannend, welche Eurer Beschreibungen und Beurteilungen übereinstimmen und welche sich unterscheiden oder gar widersprechen. Sprecht über eure Gedanken und Gefühle:
    • Was überrascht mich?
    • Was macht mich glücklich?
    • Was stört mich?
    • Was verletzt mich?
    • Kannst du deine Beurteilung mit ein paar Beispielen begründen?
    • Welche Beschreibungen sind positive oder negative Stereotype?

Die Lehrperson sollte entscheiden, ob sie die Sequenz mit einer Auswertung im Plenum abschließen möchte (dies wäre auch der Abschluss dieser Einheit, wobei Fortsetzungen selbstverständlich möglich sind) oder ob sie oder die Lernenden den Lernertrag der letzten vier Sequenzen zusammenfassen. Welche Methode die Lehrperson auch wählt, sie wird feststellen, dass sich die Arbeitsatmosphäre in der Klasse im Laufe der Einheit verbessert hat. Die Lernenden werden eine engere Beziehung zueinander entwickelt und neue Erkenntnisse gewonnen und diskutiert haben. Sie können jetzt zwischen Stereotypen und Vorurteilen und zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung unterscheiden. Sie werden ihre soziale Kompetenz weiterentwickelt haben und künftig davon nicht nur im Unterricht, sondern auch im Schulleben profitieren. Sie werden den Themen und Inhalten dieser vier Sequenzen oft wieder begegnen und dadurch das Gelernte festigen.

12. Vgl. die „Mauer des Schweigens“ im Band VI dieser Handbuchreihe. https://www.living-democracy.com/de/textbooks/volume-6/chapter-7/exercise-1/