3.4 Die Ballonfahrt
Living Democracy » Textbooks » Demokratie lehren » Kapitel 3 – Die Menschenrechte kennenlernen » 3.4 Die BallonfahrtZiele | Die Lernenden werden sich bewusst, dass Menschenrechte sich kaum gegeneinander aufrechnen lassen, und jede Einschränkung oder Aufhebung eines Menschenrechts einen großen Verlust bedeutet. |
Material |
Stifte und Papier, große Papierbögen; Liste mit Menschen- oder Kinderrechten (Beispiel siehe unten). Vorbereitete Sätze der Ballastsäcke. Alternative: Post-it-Zettel zur Beschriftung durch die Gruppen. Matrix zum Vergleich des Gruppenentscheidungen. |
Hinweis | Es wird empfohlen, diese Aufgabe zum Transfer einzusetzen, da sie Vorkenntnisse über die Menschenrechte und die ihnen zugrundliegenden Prinzipien voraussetzt. |
Verfahren
- Die Lehrperson leitet das Spiel. Die Lernenden bilden Fünfer- oder Sechsergruppen. Jede Gruppe erhält einen Flipchartbogen und Marker. Die Lernenden zeichnen formatfüllend einen Heißluftballon und deuten am unteren Bildrand das Meer oder der Landschaft in der Umgebung an. Die Ballastsäcke des Ballons bezeichnen zehn Menschenrechte und werden auf die Gondel geklebt (siehe die Liste unten).
- Nun kann das Spiel beginnen. Die Lernenden sollen sich vorstellen, dass sie mit dem „Menschenrechtsballon“ unterwegs sind. Der Ballon beginnt zu sinken und die Passagiere müssen einen Ballastsack abwerfen, um einen Absturz zu verhindern (in einer verschärften Variante müssten sich die Lernenden von gleich zwei oder drei Säcken trennen).
Die Lernenden müssen nun die Konsequenzen abwägen, wenn sie mit einem Ballastsack ein bestimmtes Menschenrecht abstoßen. Die Lernenden müssen versuchen, die Menschenrechtenach Priorität zu ordnen. Folgende Kriterien kommen in Frage: Ist ein Recht implizit in einem anderen enthalten? Ist ein Recht besonders wichtig für unsere Demokratie oder für unsere persönlichen Bedürfnisse?
Die Gruppe muss unter Zeitdruck entscheiden, und sie liefert ihre abgeworfenen Ballastsäcke bei der Lehrperson ab. Diese sammelt die Ballastsäcke auf einer Matrix, um anschließend in der Auswertung die Entscheidungen der Gruppen vergleichen zu können. - Die Lehrperson wiederholt dieses Szenario weitere zwei bis dreimal: Der Ballon weiter und es müssen nochmals ein (oder zwei) Ballastsäcke bzw. Menschenrechte abgeworfen werden. Nachdem insgesamt vier bis fünf Sandsäcke über Bord geworfen wurden, landet der Ballon sicher auf dem Boden.
- Auswertung im Plenum. Die Gruppen vergleichen mit Hilfe der Matrix ihre Entscheidungen. Sie stellen wahrscheinlich Übereinstimmungen fest, doch es kann sich auch herausstellen, dass eine Gruppen an einem Menschenrecht bis zum Schluss festgehalten hat, das bei einer anderen als erstes abgeworfen wurde. Sie erklären einander, welche Prioritäten sie gesetzt haben.
- Jede Gruppe präsentiert der Klasse/Gruppe ihre Liste und kommentiert (einige) ihrer Prioritäten. Anschließend können die Listen verglichen werden. Welche Unterschiede gibt es? Es sollte auch eine Nachbesprechung über die Arbeit in den Gruppen stattfinden. Wo fällt eine Einigung besonders schwer, warum? Worin besteht die Schwierigkeit, bestimmten Menschenrechten Priorität gegenüber anderen einzuräumen? Je besser die Lernenden die Menschenrechte verstehen, desto schwerer dürften ihnen die Entscheidungen gefallen sein, da sie wissen, dass es auf jedes Recht ankommt (vgl. die Einleitung zu diesem Kapitel).
Vertiefung
Die Lernenden vergleichen die Spielsituation mit der Realität: Menschenrechte sind in der Verfassung eines Staates als Grund- und Teilhaberechte garantiert. Das Spiel verdeutlicht Falls eines dieser Rechte eingeschränkt oder aufgehoben wird, droht das Land in ein autoritäres Regime oder eine Diktatur abzugleiten. Insofern stellt die Spielsituation etwas Ungeheuerliches dar, das wir wohl alle nie erleben wollen. Denn die Menschenrechte, um die es dabei geht, sind natürliche, unveräußerliche Rechte.
Die Lernenden können diesen Impuls aufgreifen. Sie können untersuchen, welche Menschenrechte in der Verfassung ihres Landes als Grund- bzw. Bürgerrechte aufgenommen wurden und wie sie geschützt werden. Sie können zum Vergleich andere Länder hinzuziehen, oder aber in der Geschichte zurückgehen, z.B. zur Diktatur der Nationalsozialisten in Deutschland am Beispiel der Reichstagsbrandverordnung vom 28.02.1933. Auch eine Fallanalyse zum Schutz eines Menschenrechts vor dem Verfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist möglich.
Materialien
Die Auswahl der Menschen- und Kinderrechte richtet sich nach dem Alter und den Vorkenntnissen der Lernenden. Für junge Lernende können Symbole verwendet werden, die ihrer Lebenserfahrung entsprechen (Spielzeug, ein Haus, eine Familie usw.) und in der Auswertung den Kinderrechten zugeordnet werden.
Für ältere Lernende kommt z.B. die folgende Auswahl der Menschen– bzw. Grundrechte in Frage:
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Menschenrechte: Dokumente und Kurzfassungen
Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) vom 10.12.1948 www.un.org/Depts/german/menschenrechte/aemr.pdf (Abruf am 09.03.2021).
Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) vom 04.11.1950 https://www.echr.coe.int/documents/convention_deu.pdf (Abruf am 09.03.2021).
Eine Kurzfassung der Menschenrechte bietet Band 3 dieser Handbuchreihe, „In der Demokratie leben“, Handout 5.2. https://www.living-democracy.com/de/textbooks/volume-3/part-2/unit-5/student-handout-6/
Konvention über die Rechte des Kindes (Kinderrechtskonvention) vom 20.11.1989 https://www.unicef.de/informieren/materialien/konvention-ueber-die-rechte-des-kindes/17528 (Abruf am 09.03.2021).
Band 5 dieser Handbuchreihe „Kinderrechte erkunden“, Teil 3, S. 67 ff. bietet die Kinderrechte in sprachlich vereinfachter Fassung, nach Kategorien geordnet sowie im Originaltext. https://www.living-democracy.com/de/textbooks/volume-5/part-3/