Was kann ich tun?

Living Democracy » Parents » KINDER (4 – 12 Jahre) » Aggressives Verhalten » Was kann ich tun?

< Zurück


Was kann ich tun? – Tipps für den Umgang mit aggressivem Verhalten

Kennen Sie die Ausgangssituation auf dem Spielplatz nur zu gut? Im Folgenden haben wir einige Verhaltensrichtlinien und Tipps für Sie zusammengestellt, wie Sie in Zukunft mit solchen Situationen umgehen können:

  • Beobachten Sie die Situation genau: Handelt es sich nur um eine kleine Rauferei, ein Handgemenge unter Gleichaltrigen? Dann wäre es durchaus möglich, die Situation vorerst weiterlaufen zu lassen und sie genau zu beobachten. Wenn alles fair bleibt, handelt es sich vielleicht nur um ein Kräftemessen, und ein Eingreifen der Eltern ist gar nicht nötig. Wenn aber ein Kind anfängt, hart zuzuschlagen, sich unfair verhält oder wenn einer der Beteiligten in Gefahr ist, müssen Sie unbedingt eingreifen und die „Raufbolde“ trennen.
  • Warten Sie zunächst noch zu mit einer Reaktion auf das aggressive Verhalten Ihrer Tochter. Wenn Sie sie beschimpfen, bedrohen oder ihr sogar körperliche Gewalt antun, trägt das nicht dazu bei, dass das Kind versteht, dass Gewalt keine Probleme löst. Aggressives, wütendes Verhalten als Reaktion auf Gewalt seitens des Kindes setzt vielmehr eine Gewaltspirale in Gang, die das Fundament jeder guten Erziehung, nämlich die vertrauensvolle Eltern-Kind-Beziehung, erschüttern kann.
    Sorgen Sie also dafür, dass kein Kind verletzt wird, trennen Sie die beiden, schaffen Sie eine räumliche Distanz zwischen den streitenden Parteien, bleiben Sie ruhig und gelassen und lassen Sie die Situation sich abkühlen. Beruhigen Sie sich und Ihr Kind: „Dieses Verhalten ist nicht akzeptabel, und wir werden unter ruhigeren Umständen darauf zurückkommen.“ Auf diese Weise wird das problematische Verhalten nicht in einem emotionalen Zustand besprochen, sondern zu einem späteren Zeitpunkt rational und mit Hilfe des Verstandes wieder aufgegriffen.
  • Wenn sich die Emotionen gelegt haben, empfehlen wir eine Diskussion über aggressives Verhalten nach dem Prinzip der „Gewaltfreien Kommunikation“ von Marshall B. Rosenberg. (Für weitere Informationen klicken Sie hier). Die Grundannahme in Rosenbergs 4-Stufen-Modell ist, dass hinter jeder menschlichen Handlung (also auch hinter dem kindlichen Streit im oben genannten Spielplatzbeispiel) bestimmte Gefühle und Bedürfnisse stehen. Wie das Aggressionsbeispiel zeigt, steht hinter jeder aggressiven Handlung eine Grenzüberschreitung (siehe Kapitel: Warum ist mein Kind aggressiv? – Ursachen von Aggression verstehen). Diese und die damit verbundenen Gefühle und Bedürfnisse können durch einfühlsame Kommunikation aufgedeckt werden. Im Dialog können nun friedliche Wege der Konfliktlösung und Bedürfnisbefriedigung gefunden werden. Im Folgenden werden die vier Schritte zu einem Dialog im Sinne der gewaltfreien Kommunikation dargestellt:
  1. Beobachtungen
    Versuchen Sie zunächst, genau zu beschreiben, welche Verhaltensweisen Sie beobachtet haben. Achten Sie darauf, dass Sie das Verhalten nicht interpretieren oder bewerten. Ihr Kind als Empfänger Ihrer Beobachtungen, sollte genau wissen, worauf Sie sich beziehen.
  2. Gefühle
    Teilen Sie dann dem Kind die Gefühle mit, die Ihre Beobachtungen in Ihnen ausgelöst haben. Sollten Ihnen die Worte fehlen, um Ihre Gefühle oder die Ihres Kindes zu beschreiben, finden Sie hier eine Liste mit einer Zusammenstellung verschiedener Gefühle.
  3. Bedürfnisse
    Sie umfassen wesentliche Dinge, die sich alle Menschen in ihrem Leben wünschen (oder haben möchten). Dazu gehören Grundbedürfnisse wie Schlaf, Essen und Trinken, aber auch die Sehnsucht nach Liebe, Sicherheit und Selbstverwirklichung.
    Welche anderen Bedürfnisse gibt es? Wie kann ich sie genau angeben? Konsultieren Sie die Liste der Bedürfnisse hier! Formulieren Sie diese nun in Verbindung mit dem Gefühl und nennen Sie den daraus resultierenden Wunsch oder die Bitte.
  4. Aufforderungen
    Mit Aufforderungen formulieren Sie eine Handlung oder ein Verhalten, das sich aus dem Bedürfnis ergibt. Dabei unterscheidet man zwischen Bitten und Wünschen: Bitten sind konkrete Handlungen, Wünsche hingegen sind vage und beziehen sich auf künftige Bedingungen beziehen (z. B. „Sei freundlicher zu älteren Menschen!“). Aufforderungen haben eine höhere Erfolgschance, da sie das gewünschte Verhalten konkreter definieren. Daher sind sie vor allem für die Erziehung von Kleinkindern besser geeignet.

Da es für Erwachsene schon schwierig genug ist, ihre Gefühle und Bedürfnisse zu artikulieren, darf man nicht davon ausgehen, dass Kinder sie leichter ausdrücken können. Umso wichtiger ist es, dass Sie als Eltern sensibel für ihre Äußerungen sind. Durch emphatisches Zuhören (das Klären und Wiederholen des Gesagten ist ein Kernkonzept des Modells) können die Zuhörenden den Absender:innen die Möglichkeit geben, Klarheit über ihre eigenen Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse zu gewinnen. (Was ist ein/e Absender:in? Für grundlegende Informationen über Kommunikation klicken Sie bitte hier.) Dies ist die optimale Voraussetzung für das Finden gemeinsamer, alternativer Verhaltensmuster, die keine körperliche Gewalt zur Bedürfnisbefriedigung erfordern.

Exemplarischer Dialog

Wie genau könnte ein solcher Dialog nach dem Streit auf dem Spielplatz ablaufen? Stellen Sie sich vor, Sie sind die Mutter. Ihr Ziel ist es, die Bedürfnisse Ihrer Tochter zu klären und ihr verschiedene Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie diese auf gewaltfreie Weise befriedigen kann. Versuchen Sie, sich mit Hilfe der angegebenen Hinweise und Fragen zunächst den Part der Mutter im Dialog zu überlegen. Klicken Sie dann auf die Sprechblasen, um einen Vorschlag zu lesen:

Beobachtungen mitteilen.

“Sarah, heute Morgen auf dem Spielplatz hast du Mathis geschlagen und gebissen.”

“Ja, aber ich will auch mit der roten Schaufel spielen, komme aber nie dazu sie zu benutzen.”

 

Welche Art von Gefühlen/Bedürfnissen stecken hinter Sarahs Worten?

“Bist du traurig, weil du nicht mit seiner Schaufel spielen kannst? Willst du das nächste Mal deine eigene Schaufel mitbringen?”

“Alle anderen Kinder spielen mit Mathis’ Sachen, aber ich darf das nicht.”

What kind of underlying need is behind this?
“You feel that you are treated unjustly, and you would like to play with his toys as well?”
“Yea, I’m never allowed to play with them.”


Please share and formulate your own feelings
“Sarah, when you start hitting and biting others, I am afraid for the other children. You could injure and hurt them. Next time, why don’t you ask him nicely if he will let you play along with them?”
“He won’t let me do it anyway…”


Try to address Sarah‘s feelings once more and offer a proposal for a solution
“I can see that you’re still very angry. But give it a try next time with kind words. If that does not work, come straight to see me, and we will think about what else you could say. Agreed?”
“Ok, I guess I can give it a try.”